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Politik: Auf der Suche nach dem Störenfried

Wer ist denn nun eigentlich der Störenfried? So lautete eine der Arbeitsfragen beim Treffen der europäischen und islamischen Staaten, das am Dienstag in Istanbul begann.

Wer ist denn nun eigentlich der Störenfried? So lautete eine der Arbeitsfragen beim Treffen der europäischen und islamischen Staaten, das am Dienstag in Istanbul begann. Unter den 70 Teilnehmerstaaten aus Europa und der islamischen Welt sei er jedenfalls nicht zu finden, da schienen sich die Außenminister rasch einig: Ein Redner nach dem anderen beschwor bei dem "Partnerschaftsforum" von Europäischer Union und Organisation Islamischer Staaten (OIC) am Bosporus die Harmonie zwischen den Kulturen, und die Notwendigkeit zur verstärkten Zusammenarbeit.

Einhellig verurteilten die Außenminister von Staaten wie Iran, Irak und Sudan zusammen mit ihren Amtskollegen aus der EU den internationalen Terrorismus. Kritik richtete sich auf dem Treffen, das als Reaktion auf die Terroranschläge in den USA vom 11. September einberufen worden war, fast ausschließlich gegen ein Land: die USA.

Eine "Atmosphäre des Verständnisses" habe die Gespräche bestimmt, dankte der gastgebende Außenminister der Türkei, Ismail Cem, seinen Amtskollegen. Und so war es auch: Christentum und Islam seien keine getrennten Welten, sagte etwa der spanische Außenminister Josep Pique, der im Namen der EU-Präsidentschaft für mehr Austausch zwischen den Kulturen plädierte. Zu mehr gegenseitigem Verständnis rief der EU-Außenbeauftragte Javier Solana auf, der vor einer Gleichsetzung von Islam und Terror warnte. OIC-Generalsekretär Abdelwahid Belkeziz wies darauf hin, dass Europa und der Islam viele Werte gemeinsam haben. Der saudi-arabische Außenminister sprach von den gemeinsamen Werten aller Kulturen, der holländische Minister forderte mehr Toleranz, der sudanesische Vertreter plädierte für den Dialog - und so ging es stundenlang weiter. "Was wir brauchen, ist eine Kultur der Toleranz", sagte auch Bundesaußenminister Joschka Fischer.

In diesen gegenseitigen Versicherungen hätte sich die Konferenz vielleicht erschöpft - wäre nicht zwischen den Zeilen deutlich geworden, wer als der eigentliche Störenfried empfunden wird. Die USA würden die weltweite Sympathie nach den Anschlägen vom 11. September nutzen, um "ihre einseitige und militaristische Außenpolitik" voranzutreiben, klagte der iranische Außenminister Kamal Kharasi - und forderte eine stärkere Rolle der Europäischen Union in der Welt. Die Europäer könnten "Fairness, Gerechtigkeit und Pragmatismus" in die internationale Politik tragen, sagte der Iraner. Andere Redner stießen rasch ins selbe Horn.

Lob ihrer islamischen Kollegen wurde den Europäern für ihre neue Nahost-Politik zuteil - und dafür, dass sie sich damit von Washington absetzen. "Ich danke der EU, dass sie (die Nahost-Frage) anders sieht" als die USA, sagte der Vertreter der Palästinenser. Die Europäer sollten sich "dem israelischen Druck widersetzen und die brutale Unterdrückung der Palästinenser beenden", ermunterte auch der Iraner die EU-Minister.

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