zum Hauptinhalt
Nicht nur die Einnahmen aus der Kirchensteuer und Spenden finanzieren die deutschen Kirchen. Sie erhalten auch Geld aus der Staatskasse. Der Grund sind uralte Verträge.

© dpa

Auf die Welt angewiesen: Wie sich evangelische und katholische Kirche in Deutschland finanzieren

Auch die Kirchen leiden unter der wirtschaftlichen und demografischen Entwicklung in Deutschland: Die Einnahmen aus der Kirchensteuer sinken. Eine andere Geldquelle sprudelt aber unverändert.

Die Mahnung des Papstes zur „Entweltlichung“ der Kirche rührt an deren – finanziellem – Fundament. Denn 2010 nahm die katholische Kirche in Deutschland 4,97 Milliarden Euro allein aus der Kirchensteuer ein, bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) waren es 4,25 Milliarden Euro. Im Jahr 2008 waren es noch 5,06 Milliarden Euro in der katholischen und 4,6 Milliarden Euro in der evangelischen Kirche.

Schuld an dem Rückgang sind dabei weniger die vor allem bei den Katholiken zunehmenden Kirchenaustritte als vielmehr die wirtschaftliche und die demografische Entwicklung. Denn die Kirchensteuer richtet sich nach der Einkommensteuer: Je nach Bundesland beträgt ihre Höhe zwischen acht und neun Prozent der Einkommensteuer. Die Schwächen des Systems Kirchensteuer zeigen sich vor allem in Ostdeutschland: In Vorpommern oder Sachsen-Anhalt, wo immer mehr junge, arbeitsfähige Menschen wegziehen, bleiben oft nur Rentner in den Gemeinden zurück, die kaum Steuern zahlen.

Dazu kommt der Fall des Freiburger Professors Hartmut Zapp, der vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen die Kirchensteuer klagt: Als er aus der katholischen Kirche austrat, ließ er vermerken, dass er nur aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts, nicht aber aus der Glaubensgemeinschaft Kirche ausgetreten sei und künftig einen freiwilligen Mitgliedsbeitrag zahlen wolle. Doch die beiden großen Kirchen wollen an der Kirchensteuer festhalten.

Immer wieder diskutiert wird auch über eine zweite wichtige Einnahmequelle der Kirchen, die Staatsleistungen. Sie sind nicht zu verwechseln mit der Refinanzierung, die die Kirchen, Caritas und Diakonie etwa für den Betrieb eines Krankenhauses oder einer Kindertagesstätte von den Kommunen oder den Sozialversicherungsträgern erhalten. Vielmehr handelt es sich um Entschädigungen: Als im „Reichsdeputationshauptschluss“ von 1803 die geistlichen Territorien des deutschen Reichs säkularisiert wurden, wechselten rund 95 000 Quadratkilometer Land den Besitzer. Für die Kirchen wurden damals jährliche Entschädigungszahlungen festgesetzt, die bis heute gelten und mittlerweile in Staat-Kirche-Verträgen flächendeckend geregelt sind.

Rund 460 Millionen Euro erhalten beide großen Kirchen jährlich auf diesem Weg. Dabei sah eigentlich schon die Weimarer Reichsverfassung eine Ablösung dieser Zahlungen vor, und auch das Grundgesetz enthält heute diesen Paragrafen. Weswegen die Staatsleistungen zunehmend in die Kritik geraten: Immer, wenn in Deutschland der Sommer anbricht, macht etwa der zur atheistischen Giordano-Bruno-Stiftung gehörende Autor Carsten Frerk mit Buchveröffentlichungen und Artikeln auf ihren Fortbestand aufmerksam. Und auch in Kirchenkreisen mehrt sich die Kritik. So drückte der designierte bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm kürzlich auf einer Tagung der Konrad-Adenauer-Stiftung sein Missfallen darüber aus, dass der evangelische Bischof Bayerns ein Staatsgehalt erhält. Doch obwohl die Kirchen immer wieder betonen, dass sie in Sachen Ablösung der Staatsleistungen gesprächsbereit seien – wirkliche Verhandlungen gibt es dazu nicht. Denn sollte es tatsächlich zu einer Ablösung der jährlichen Zahlungen durch eine Einmalzahlung kommen, kämen vermutlich Ausgaben in Höhe einer zweistelligen Milliardensumme auf die öffentlichen Haushalte zu.

Angenommen, die Kirchensteuereinnahmen gingen weiter zurück und die Staatsleistungen würden irgendwann versiegen – könnten Spenden die Rettung für die Kirchen sein? Wenn das evangelische Hilfswerk „Brot für die Welt“ in den traditionell gut besuchten Heiligabend- Gottesdiensten eine Kollekte sammelt, kommen bundesweit immerhin rund 62 Millionen Euro zusammen. Das ist viel Geld für einen guten Zweck – doch verglichen mit den vier Milliarden Euro Kirchensteuern ist es fast nichts. Und die Spendenbereitschaft der Menschen hat Grenzen. Das gilt sogar, wenn der eigene Pfarrer ein Gehalt benötigt: Zwar gelingt es der Gemeinde der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin, eine ihrer beiden Stellen durch Spenden zu finanzieren. Und auch die höchst aktive Schöneberger Gemeinde „Zum Heilsbronnen“ bemüht sich seit gut einem Jahr darum, eine wegfallende Pfarrstelle ab 2013 für zehn Jahre aus Spenden zu finanzieren. Doch das ist ein Kraftakt: Denn um das selbst gesetzte Ziel zu erreichen, braucht die Gemeinde 500 Spender, die Monat für Monat zehn Euro überweisen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false