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Aufklärungsflüge: Streit über Awacs-Einsatz in Afghanistan

Nach monatelangem Streit hat sich die Nato am Ende der vergangenen Woche darauf verständigt, in Kürze Awacs-Aufklärungsflugzeuge nach Afghanistan zu entsenden. Jetzt wird in Deutschland über Sinn und Zweck des umstrittenen Einsatzes debattiert.

Von Michael Schmidt

Berlin - Der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin sagt etwa, Awacs-Flugzeuge könnten mit ihrem Radar auch in die Nachbarstaaten spähen oder Kampfflugzeuge und Drohnen zum Einsatz leiten. Der sozialdemokratische Verteidigungsexperte Jörn Thießen gab zu Protokoll, auch in seiner Partei gebe es „noch einige Menschen mit Bedenken“.

Für den Einsatz ist ein neues Bundestagsmandat nötig. Nach Angaben von Regierungssprecher Ulrich Wilhelm soll das möglichst noch vor der Sommerpause unter Dach und Fach gebracht werden. Was können, was sollen, was dürfen die „Augen der Nato im Himmel“? Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung sieht die Entsendung von vier Maschinen mit 100 deutschen Soldaten vor allem unter Selbstschutzgesichtspunkten. Der zunehmende zivile Luftverkehr in Afghanistan mache mehr Überwachung notwendig. Die Bundeswehr bewältige die Hälfte des Lufttransports am Hindukusch und sei für die gesamte Luftaufklärung zuständig, von daher habe Deutschland „ein Interesse an zusätzlicher Flugsicherheit“. Skeptiker wie die Wehrexpertin der FDP, Birgit Homburger, drängen hingegen darauf, die Regierung müsse sicherstellen, dass die Maschinen nicht als Feuerleitstellen zum Dirigieren von Kampfhandlungen eingesetzt werden.

Die Bundeswehr tritt entsprechenden Befürchtungen entgegen, das Radar könne Kampfjets zu möglichen Angriffszielen leiten. Die mit einem großen pilzförmigen Radarteller ausgestatteten unbewaffneten Maschinen seien für die Bodenüberwachung nicht ausgelegt, könnten Ziele am Boden nicht erfassen und folglich Kampfjets oder Hubschraubern nicht zuweisen. Anders als Tornados leisteten sie keine optische Aufklärung, hätten keine Kameras an Bord und machten mithin keine Bilder von potenziellen Zielen, wie ein Sprecher des Awacs-Verbandes im nordrhein-westfälischen Geilenkirchen am Montag sagte.

Das Aufgabenspektrum von Awacs erstrecke sich vielmehr – vorbehaltlich der konkreten Ausgestaltung des Mandats durch den Bundestag – auf die „Erstellung eines Luftlagebildes, das heißt die Erfassung, Darstellung, Identifizierung aller im Luftraum befindlichen bemannten und unbemannten Luftfahrzeuge“. Quasi als Relaisstation in großer Höhe könnten die Maschinen als Kommunikationsknotenpunkt fungieren. Militärische Operationen aus der Luft wie Rettungsaktionen oder einen Luft-Boden-Einsatz könne Awacs nur begrenzt unterstützen – beispielsweise durch Kontrolle der Flugbewegungen oder als Navigationshilfe.

Die übliche Einsatzhöhe der Maschinen liegt bei rund 10 000 Metern, von wo aus sie einen Umkreis von bis zu 400 Kilometern überwachen können. Sie sind 800 Stundenkilometer schnell und können sich zehn Stunden ohne Betankung in der Luft aufhalten. Bei den Flugzeugen handelt es sich um mit Aufklärungstechnologie ausgestattete Versionen der Boeing E-3A. Sie gehören zu den wenigen Militärgeräten, die direkt im Besitz der Atlantischen Allianz sind. 

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