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Politik: Auftrieb für die rechte Truppe

Die NPD wächst trotz Skandalen und mieser Finanzen – mehr als die Hälfte der Mitglieder ist in Ostdeutschland zu Hause

Von Frank Jansen

Berlin - Die NPD sei offenbar „krisenresistent“, stöhnen Verfassungsschützer. Weder die finanziellen Sorgen, mit denen sich die Partei herumschlägt, noch die Affären um Landtagsabgeordnete in Sachsen hätten ihren Aufwärtstrend brechen können. Und die NPD profitiere weiterhin vom „Siechtum“ von DVU und Republikanern. Ein Blick auf die Entwicklung der Mitgliederzahlen zeigt, wie dramatisch beide Parteien eingebrochen sind: 1992 lagen die DVU mit 26 000 eingeschriebenen Anhängern und die Reps mit 20 000 weit vor der NPD, die es damals nur auf 5000 Mitglieder brachte und jetzt bei 7000 liegt (DVU 8500, Reps 6000). Auch der Rückschlag, den die NPD während des Parteiverbotsverfahrens 2002 und 2003 hinnehmen musste, ist offenbar längst Geschichte. „Die werden immer selbstbewusster“, heißt es in Verfassungsschutzkreisen, „es gibt auch weniger Hemmungen, in der Öffentlichkeit die NPD-Mitgliedschaft zu verbergen.“

Die Wahlerfolge in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin sowie den „Deutschland-Pakt“ (Vereinbarung von Wahlabsprachen) mit der DVU nennen Verfassungsschützer als wesentliche Gründe für den Wachstumstrend bei der NPD. Da verwundere nicht, dass fast 40 Prozent der Mitglieder in Ostdeutschland, Berlin eingeschlossen, zu Hause sind. Zum Vergleich: Zwischen Elbe und Oder leben nur etwa 20 Prozent aller Bundesbürger. Auch bei Neonazis und rechtsextremen Skinheads ergibt sich ein ähnliches Bild. Die Hälfte der Neonazis und mehr als 40 Prozent der Halbstarken, die der Verfassungsschutz „subkulturell geprägte und sonstige gewaltbereite Rechtsextremisten“ nennt, wohnen in Ostdeutschland, Berlin eingeschlossen.

Dass die Arbeitslosigkeit auch im Osten etwas sinkt, scheint NPD und jungrechter Szene bislang nicht zu schaden. In Teilen der Bevölkerung „bleibt das Gefühl der Unsicherheit, selbst wenn man Arbeit hat“, sagt ein Sicherheitsexperte. Außerdem lasse sich nicht erkennen, dass der wirtschaftliche Aufschwung auch Langzeitarbeitslosen in größerem Ausmaß nutzt. So sei das anhaltende „Prekariat“ gerade in Ostdeutschland weiterhin ein wesentlicher Faktor für den Erfolg rechtsextremistischer Demagogen, die einfache Lösungen propagieren.

DVU und Republikaner verlieren gleichzeitig Mitglieder. In Verfassungsschutzkreisen wird gespottet, es sei bei der DVU sogar fraglich, „ob alle Mitglieder überhaupt noch wissen, dass sie als solche geführt werden“. Die DVU habe nur wenige junge Mitglieder und viele ältere seien inaktiv. Die seltenen Veranstaltungen der DVU seien „an Traurigkeit kaum zu überbieten“, sagt ein Experte. Unklar bleibe auch, wer die Partei führen wird, sollte der 73 Jahre alte Patriarch Gerhard Frey dazu nicht mehr in der Lage ist. Dass die DVU in den Landesparlamenten von Brandenburg und Bremen vertreten ist, nutze ihr kaum.

Den Republikanern attestieren Verfassungsschützer einen noch stärkeren Verlust politischer Bedeutung. „Die sind kaum mehr als eine süddeutsche Regionalpartei“, ist in Verfassungsschutzkreisen zu hören. Die Serie der Austritte und Wechsel zur NPD setzten sich fort. Vor wenigen Tagen lief der Republikaner-Chef von Sachsen-Anhalt, Peter Walde, mit zehn Parteifreunden über.

Nach Ansicht von Verfassungsschützern hat sich beim Bundesparteitag der Reps im Dezember gezeigt, dass knapp ein Drittel der Delegierten zur rechten „Volksfront“ tendiert, für die NPD und DVU werben. Da Rep-Chef Rolf Schlierer aber auf Abgrenzung zu beiden Parteien beharrte, seien weitere Abspaltungen wahrscheinlich. Und finanziell seien die Republikaner fast völlig ausgeblutet.

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