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Zähes Ringen. In Genf verhandeln der Iran und die USA im Atomstreit. Die Ringer beider Länder sind weiter: Deren Teams trafen im Mai nach über einem Jahrzehnt erstmals wieder aufeinander. Der Amerikaner Kyle Dake (links) holte dabei gegen Hassan Tahmasebi einen Punkt – alle anderen sechs Duelle gewannen jedoch die Iraner. Foto: AFP

© AFP

Politik: Auf Tuchfühlung

Teheran präsentiert bei den Atomgesprächen in Genf einen Verhandlungsplan – und hofft auf Annäherung Die UN-Vetomächte und Deutschland beharren aber auf ihren Forderungen.

Der Streit um das mögliche iranische Atomwaffenprogramm geht in eine entscheidenden Runde: Die fünf UN-Vetomächte USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und China sowie Deutschland haben erstmals mit der Regierung des neuen iranischen Präsidenten Hassan Ruhani verhandelt. Die Gespräche, die am Dienstag in Genf aufgenommen wurden, sollen bis zu diesem Mittwoch andauern. Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif überraschte dabei mit einer Powerpoint-Präsentation, bei der er einen Plan darlegte, der zu einer Lösung der jahrelangen Konfrontation führen soll.

Zunächst drangen keine Einzelheiten der Teheraner Vorschläge aus dem Verhandlungssaal im Genfer Völkerbundpalast nach außen. Michael Mann, Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, nannte die Präsentation des Iraners „sehr nützlich“. Ashton leitet formal die Verhandlungen der fünf UN-Vetomächte und Deutschlands (P5 plus 1) mit den Iranern. Der EU-Sprecher ergänzte, dass die Verhandlungspartner „sehr detaillierte technische Diskussionen“ geführt hätten. Ein hochrangiger US-Vertreter hatte vor Beginn der Gespräche allzu optimistische Erwartungen allerdings mit den Worten gedämpft, niemand solle einen schnellen „Durchbruch“ erwarten.

Auch Israels Regierung warnte, dass der Iran im Nuklearstreit mehrfach „betrogen“ habe. Israel fühlt sich von dem möglichen iranischen Atomwaffenprogramm in seiner Existenz bedroht. Ruhanis Vorgänger als iranischer Präsident, der Hardliner Mahmud Ahmadinedschad, hatte über Jahre in den Verhandlungen eine Hinhalte-Strategie verfolgt. Insbesondere die westlichen Mächte wollen verhindern, dass der Iran unter dem Deckmantel der friedlichen Nutzung der Kernenergie Atombomben baut. Teheran bestreitet hingegen, militärische Absichten zu verfolgen.

Irans Staatschef Ruhani, ein moderat-konservativer Politiker, hatte im September vor der UN-Vollversammlung in New York erklärt: „Nuklearwaffen und andere Massenvernichtungswaffen haben keinen Platz in Irans Verteidigungsdoktrin.“ Ruhani will den Konflikt innerhalb weniger Monate entschärfen. Er hofft, dass der UN-Sicherheitsrat und der Westen dann die umfangreichen Sanktionen gegen sein Land aufheben werden.

Die Strafen waren wegen der starren Haltung des Iran im Atomkonflikt verhängt worden. Nach Angaben westlicher Regierungsvertreter treffen die Sanktionen den Iran hart. Den Angaben zufolge muss das Land Einnahmeausfälle von rund 40 Milliarden US-Dollar pro Jahr verkraften. Vor allem das Öl-Geschäft sei betroffen.

Bevor es zu einer Lockerung der Sanktionen kommt, erwarten die USA, Frankreich, Großbritannien, Russland, China und Deutschland von den Iranern konkrete Zugeständnisse. So verlangen die fünf UN-Vetomächte und Deutschland vom Iran, die Anreicherung von Uran auf 20 Prozent zu stoppen. Der Hintergrund: Uran, das zu 20 Prozent angereichert ist, kann technisch relativ leicht weit höher angereichert werden. Hoch angereichertes Uran könnten die Iraner aber zum Bau von Atombomben verwenden.

Zudem verlangen die sechs Staaten, dass der Iran die umstrittene Atomanlage in Fordow herunterfahren soll. Weiter fordern sie den Abtransport großer Mengen des Urans, das zu 20 Prozent angereichert ist, ins Ausland.

Gerade den letzten Punkt lehnen die Iraner vehement ab. Aus Irans Delegation hieß es: „Wir werden es nicht einmal erlauben, dass ein Gramm aus dem Land gelangt.“ Und: Die P5 plus 1 pochen auf voller Kooperation der Iraner mit der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO). Die IAEO-Atomwächter warnen in ihren Kontrollberichten seit Jahren vor der „möglichen militärischen Dimension“ des iranischen Nuklearprogramms.

Jan Dirk Herbermann

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