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Politik: Aus regulären Arbeitsplätzen werden Minijobs

Vor allem das Gastgewerbe wandelt Stellen um /Gewerkschaften sehen Befürchtung bestätigt: Sozialversicherung verliert Einnahmen

Berlin (uwe/asi/ce). Durch die MinijobRegelung sind Tausende reguläre sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze umgewandelt worden. Das bestätigte die Bundesagentur für Arbeit (BA) dem Tagesspiegel. In den ersten Monaten der Regelung, die seit April 2003 gilt, seien rund 100000 Vollzeitstellen umgewandelt worden, heißt es bei der BA. Franz-Josef Möllenberg, Chef der Gaststättengewerkschaft NGG, sagte, in seiner Branche seien „inzwischen Arbeitsplätze im fünfstelligen Bereich in 400-Euro-Verträge umgewandelt worden“. Die Gewerkschaften sehen ihre Befürchtung bestätigt, dass dem Staat dadurch Steuern und Sozialabgaben in Milliardenhöhe entgehen. Die BA hatte im Vorjahr damit gerechnet, dass mit Beginn der Regelung etwa 100 000 Arbeitsplätze mit einer Bezahlung zwischen 325 (der früheren Minijob-Grenze) und 400 Euro umgewandelt würden.

Zwischen März und Juni 2003 ist laut Bundesagentur für Arbeit (BA) die geringfügige Beschäftigung um rund 200 000 Personen gestiegen. Genau in diesem Zeitraum, nämlich im April 2003, trat die gesetzliche Neuregelung der Minijobs in Kraft. Rund die Hälfte dieser Jobs sei auf die Umwandlung von Vollzeitstellen zurückzuführen, heißt es in der Abteilung Beschäftigungsstatistik. „Das ist ein gefährlicher Trend, nicht zuletzt für die Sozialversicherungen“, sagte die Vizechefin des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Ursula Engelen-Kefer, dem Tagesspiegel. Insgesamt gab es im Juni 2003 nach BA-Angaben 4,38 Millionen Menschen, die nur einen Minijob ausübten, und rund eine Million, die diesen als Nebenerwerb nutzten. Bei den Minijobs bis zu einem Monatsverdienst von 400 Euro gilt ein ermäßigter Steuer- und Abgabensatz, der vom Arbeitgeber pauschal entrichtet wird. Das macht es für Arbeitgeber attraktiv, Arbeitsplätze in Minijobs umzuwandeln.

„Wir haben befürchtet, dass Vollzeit-Jobs in Minijobs umgewandelt werden“, sagte Hilmar Schneider, Direktor für Arbeitsmarktpolitik am Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA). Ein Indiz dafür sieht er in der Entwicklung der Erwerbstätigenstatistik. Während die Zahl der Minijobs stetig steige, sei die Zahl der Erwerbstätigen im vergangenen Jahr um 400 000 Personen zurückgegangen. Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamts lag die Zahl der Erwerbstätigen 2003 um ein Prozent unter Vorjahresniveau.

„Das ist ein Alarmsignal“, sagt Schneider. Insbesondere durch die Möglichkeit eines nahezu abgabefreien Zweitverdienstes hätten die Minijobs an Attraktivität für die Arbeitnehmer gewonnen. „Wenn Vollzeit-Jobs in Minijobs umgewandelt werden, reißt das neue Löcher in die Sozialversicherung“, kritisiert er. Für die Belebung des Arbeitsmarktes müsse man „einen hohen Preis zahlen“. Sinnvoller wäre es aus seiner Sicht gewesen, nach Lösungen zu suchen, welche die Arbeitskosten senken, aber nicht die Sozialsysteme „massiv untergraben“.

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