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Politik: Ausgeschert

Die BND-Affäre soll ohne Untersuchungsausschuss aufgeklärt werden – die Linke spricht von Rechtsbruch

Berlin - Für Wolfgang Neskovic, den Vertreter der Linkspartei im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) des Bundestages, war das Maß schon nach zwei Stunden voll. Dann verließ der Abgeordnete und frühere Richter die Sitzung, die sich seit dem späten Vormittag mit dem Regierungsbericht zu den Geheimdienstaktivitäten im Anti-Terror-Kampf befasste. Und empörte sich vor der Presse über das „Täuschungsmanöver“. An den weiteren Beratungen des PKG zum Thema will er nicht teilnehmen. Verbunden mit diesem Boykott ist die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss zu den umstrittenen Aktivitäten der Sicherheitsbehörden – doch dafür fehlen der Linksfraktion die Mitstreiter.

Seit Montag liegt den Mitgliedern des PKG der rund 300 Seiten starke Regierungsbericht vor – voller Details etwa zum Einsatz von zwei BND-Agenten in Bagdad, zu mutmaßlichen CIA-Gefangenenflügen über deutschem Luftraum sowie zur Beteiligung von deutschen Sicherheitsbehörden an Vernehmungen im Ausland. 80 Prozent ihres Berichts will die Regierung an diesem Donnerstag veröffentlichen, wie der PKG-Vorsitzende Norbert Röttgen (CDU) ankündigte. Offenkundige wollen Union und SPD einen Untersuchungsausschuss überflüssig machen.

Mit den Stimmen der beiden Regierungsfraktionen beschloss das PKG eine Bewertung, wonach alle öffentlich erhobenen Vorwürfe aufgeklärt sind. Dass die beiden BND-Männer im Irak sich an operativen Kriegshandlungen beteiligt hätten, entbehre „jeglicher Grundlage“, heißt es. Die Befragung von Terrorverdächtigen im Ausland nennt die Ausschussmehrheit rückblickend „zulässig und geboten“. Und: Weder die Regierung noch BND, BKA oder Verfassungsschutz seien an der Entführung des Deutsch-Libanesen Khaled al Masri durch die CIA beteiligt gewesen. Doch es gibt auch Kritik: In mehreren Fällen hätte die Bundesregierung früher und umfassend unterrichten müssen. Außerdem sei die Teilnahme eines BKA-Beamten an der Befragung des deutsch-syrischen Terrorverdächtigen Mohammed Haydar Zammar in Syrien „problematisch“. Anders als Nachrichtendienste, die präventiv Erkenntnisse sammeln können, darf die Polizei nur im Rahmen der Strafverfolgung an einer Vernehmung teilnehmen. Die Befragung Zammars diente aber nach Ansicht des PKG nur der „nachrichtendienstlichen Vorfeldermittlung zur Gefahrenabwehr“.

Neskovic bescheinigt allerdings dem PKG, es solle als „scheinbar neutrale Instanz“ dazu missbraucht werden, die Regierung zu entlasten. Unausgesprochen dient sein Boykott auch dazu, die Grünen vorzuführen, die aus der Oppositionsfront ausgeschert waren. Ursprünglich hatten auch sie einen Untersuchungssausschuss gefordert, später aber der Aufklärung im PKG den Vorrang gegeben. Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele, Vertreter der Grünen im PKG, kündigte bereits ein Minderheitenvotum zum PKG-Bericht an.

Die Grünen wollen die Frage, ob ein Untersuchungsausschuss noch notwendig wird, „zeitnah“ entscheiden. Ähnlich wie die FDP machen sie ihr Verhalten von der Informationspolitik der Regierung abhängig. Der FDP-Innenexperte Max Stadler zeigte sich schon vor der PKG-Sitzung zufrieden. Es habe „eine intensive Aufklärung in dem Parlamentarischen Kontrollgremium stattgefunden“. Nach den Beratungen stellte er die Forderung nach dem Ausschuss zurück – erst am 7. März will seine Fraktion entscheiden. Neskovic versichert, er halte die Frage, ob ein Untersuchungsausschuss zu Stande kommt, weiter für „spannend“. Doch nötig wäre dafür die Einigkeit der Opposition. Seit Wochen aber gab es zu diesem Thema keine Verständigung zwischen Linken, Grünen und FDP. „Es herrscht Funkstille“, sagte Linken-Fraktionsvize Petra Pau.

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