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Um die 15-jährige Leonarda Dibrani streitet die französische Politik.

© AFP

Ausgewiesene Schülerin darf allein nach Frankreich zurück: Abfuhr für Hollande

Erst sagte Frankreichs Präsident nichts zum Fall einer abgeschobenen Schülerin – dann das Falsche.

Francois Hollande wollte es allen recht machen und ist damit gescheitert. Um die Polemik um die mit ihrer Roma-Familie nach Kosovo abgeschobene Leonarda Dibrani zu beenden, hatte der französische Staatspräsident in einer Fernseherklärung am Samstag angeboten, das Mädchen könne nach Frankreich zurückkehren. „Wenn sie hier weiter zur Schule gehen will, wird sie hier aufgenommen“, sagte er, fügte dann aber hinzu, „sie allein“. Die Antwort kam postwendend. „Ich gehe nicht allein nach Frankreich, ich verlasse meine Familie nicht“, sagte Leonarda im Beisein ihrer Eltern und der fünf Geschwister in die Mikrofone französischer Fernsehreporter, die der Familie ins kosovarische Mitrovica nachgereist waren.

Hollande bot abgeschobener Schülerin an, nach Frankreich zurück zu kehren

Den Ausweisungsbeschluss konnte Hollande nicht aufheben, aber durch eine Geste gegenüber der Schülerin hoffte er, die politische Linke zu beruhigen. Doch zur Abfuhr durch die 15-Jährige handelte er sich auch noch Kritik aus dem eigenen Lager und schwere Vorwürfe der Opposition ein. Er hätte die Schülerin nicht allein zur Rückkehr einladen sollen, sagte der Parteichef der Sozialisten, Harlem Désir. Für Jean-Francois Copé, den Präsidenten der konservativen UMP, steht fest, dass Hollande mit seinem halben Angebot der rechten Nationalen Front Wasser auf die Mühle geleitet und der Autorität des Staates einen „schweren Schlag“ versetzt habe. Die Hilfsorganisation „Terre d'Asile“ kritisierte Hollandes Angebot an die Schülerin als absurd.

Jugendliche demonstrierten für Abgeschobene

Die Affäre um die Abschiebung der Schülerin, die am 9. Oktober während eines Klassenausflugs abgeholt und zur Ausreise mit ihrer Familie zum Lyoner Flughafen gebracht worden war, erregt seit Tagen die französische Öffentlichkeit. Führende sozialistische Politiker gingen demonstrativ auf Distanz zu dem für die Ausweisung politisch verantwortlichen Innenminister Manual Valls. Sie warfen dem als Hardliner geltenden Valls vor, den „humanistischen Anspruch“, den Hollande nach den Jahren unter dem konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy für die Ausländerpolitik verheißen hatte, durch strikte Anwendung der Gesetze zu entwerten. Man dürfe „seine Seele nicht verlieren“, sagte Parlamentspräsident Claude Bartolone. Der Aufruhr der Emotionen erfasste auch die Jugend, der Hollande im Wahlkampf seine besondere Aufmerksamkeit versprochen hatte. Zu Tausenden gingen sie in Paris für „unsere Schwester Leonarda“ auf die Straße. Die Demonstrationen wollen sie nach den Herbstferien im November fortsetzen.

Ausweisung war rechtlich korrekt

Hollande hatte zu dem Fall, der erst Tage nach der Ausweisung bekannt wurde, zunächst geschwiegen. Erst als er am Samstag einen Untersuchungsbericht erhalten hatte, trat er an die Öffentlichkeit. Der Inhalt bestätigte dem Präsidenten die Versicherung des Innenministers, dass die Ausweisung rechtlich korrekt erfolgt sei. Sieben Asylanträge der 2009 illegal eingewanderten Familie Dibrani waren von der Justiz abgelehnt, alle Rechtsmittel ausgeschöpft worden. Nach dem Bericht hatte die Familie während all dieser Zeit wenig Bereitschaft zur Integration gezeigt. Der Vater habe alle Jobangebot abgelehnt. Er hätte offen zu erkennen gegeben, dass er es vor allem auf die Sozialleistungen abgesehen habe. Er sei gegenüber seiner Frau und den Kindern gewalttätig gewesen und habe wegen kleiner Diebstähle mit der Polizei zu tun gehabt. Die Mutter habe sich nicht bemüht, Französisch zu lernen. Die Kinder, auch Leonarda, hätten immer wieder in der Schule gefehlt.

Seit dem Sommer lebte die Familie unter dem Damoklesschwert einer vom Verwaltungsgericht ergangenen Abschiebeverfügung. Dass es zum Skandal kam, lag, wie es in dem Bericht heißt, „am mangelnden Fingerspitzengefühl“ der Beamten, die Leonarda abholten. In einem Rundschreiben wurden die Präfekten sofort vom Innenminister angewiesen, bei der Vollstreckung von Ausweisungsbeschlüssen um Schulen einen großen Bogen zu machen.

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