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Die 24-jährige Clotilde Reiss fuhr gleich nach ihrer Ankunft in den Elyseé-Palast, wo ihr Staatschef Nicolas Sarkozy dankte.

© AFP

Ausreise: Iran lässt Französin nach zehn Monaten frei

Die 24-Jährige Clotilde Reiss wurde von Präsident Nicolas Sarkozy in ihrer Heimat empfangen. Die Regierung in Paris bestreitet, dass für die Ausreise eine Gegenleistung erfolgt sei.

Die Französin Clotilde Reiss, die mehr als zehn Monate unter Spionageverdacht im Iran festgehalten wurde, ist nach dem Ende ihres Prozesses heimgekehrt. Die 24-jährige Universitätslektorin traf am Sonntag kurz nach 13 Uhr an Bord einer Regierungsmaschine in Paris ein. Sie hatte Teheran unter größter Diskretion verlassen, was erst bekannt gegeben wurde, nachdem sie schon in Dubai zwischengelandet war. Nach ihrer Ankunft in Paris wurde sie von Präsident Nicolas Sarkozy im Elyséepalast empfangen. Reiss dankte Sarkozy, mit dem sie 20 Minuten sprach: „Er hat meine Unschuld verteidigt“. Sie gedachte auch ihren Mitgefangenen: „Sie haben mich wie eine Schwester behandelt. Meine Gedanken sind bei ihnen.“

Nach Angaben ihres Anwaltes sollte sie am Samstag ursprünglich zu einer Haftstrafe von zehn Jahren verurteilt werden, die dann aber nach „einer Entscheidung zur Milde“ der iranischen Führung in eine Geldstrafe von knapp 250 000 Euro umgewandelt wurde. Er erklärte, er wolle das Urteil nicht anfechten, es sei „nahe an einem Freispruch“. Damit wurde der Weg für die Ausreise frei. Clotilde Reiss hat an Demonstrationen nach den Wahlen im Iran teilgenommen und war am 1. Juli 2009 festgenommen worden.

Die Französin hatte an der Universität Isfahan Französisch unterrichtet und begeisterte sich für die iranische Kultur, sie hatte sogar Farsi gelernt. Doch im Juni 2009 hatte sie nach der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad darüber berichtet und war sogar auf die Straße gegangen. Die Regierung in Teheran wurde verdächtigt, das Ergebnis der Abstimmung gefälscht zu haben. Clotilde Reiss wurde daraufhin beschuldigt, an einem Komplott gegen die iranische Regierung teilgenommen zu haben. Sie wurde neben tausend anderen in der größten Demonstration des Landes seit der Revolution von 1979 festgenommen.

Die Französin befand sich zuerst sieben Wochen im Gefängnis, trat in dem Prozess auf und bekannte sich nach iranischen Gesetzen als schuldig. Sie bat um Verzeihung und erklärte, sie habe „aus persönlichen Motiven“ gehandelt. Auf Kaution kam sie im August frei und stand danach aber bis zum Urteilsspruch in der französischen Botschaft unter Hausarrest. Der senegalesische Präsident Abdoulaye Wade, der derzeitige Vorsitzende der Organisation der Islamischen Konferenz, setzte sich für sie ein. Ebenso der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva, der auch im Atomstreit mit Teheran vermittelt, soll mitgewirkt haben. Frankreich soll mit allen Ländern diskutiert haben, die noch gute Beziehungen mit Teheran haben.

Der Fall hatte zu großen Spannungen zwischen Frankreich und dem Iran geführt. Frankreich wies zurück, dass Reiss Teil eines westlichen Komplotts gegen die iranische Regierung war. Sarkozy hatte den Austausch mit in Frankreich inhaftierten iranischen Iranern offiziell abgelehnt. Doch in der vergangenen Woche durfte der iranische Ingenieur Majid Kakavand in den Iran zurückkehren. Ein Auslieferungsgesuch der USA, wo er unter dem Verdacht der Militärspionage steht, hatte Frankreich vorher abgelehnt.

Paris und Teheran bestreiten allerdings einen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen. Der französische Außenminister Bernard Kouchner erklärte, es habe keinen „Handel“ gegeben. In Frankreich wird dennoch über die wahren Hintergründe der Ausreise von Clotilde Reiss spekuliert, so schreibt die Sonntagszeitung „Le Journal du Dimanche“ auf der Titelseite: „Die Geheimnisse einer Befreiung“. Zumal in der kommenden Woche auch noch über eine Freilassung des Iraners Ali Vakili Rad entschieden werden soll. Er war im Jahr 1994 in Frankreich für den Mord an dem ehemaligen iranischen Premierminister Chapour Bakhtiar zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Clotilde Reiss hat ihre Mutter im Alter von elf Jahren verloren. Sie näherte sich danach ihrer iranischen Kinderfrau an, die sie zwischen zwei und fünf Jahren oft betreut hatte. Später studierte sie orientalische Sprachen und Kultur. Ihr Vater Rémi Reiss erklärte, nachdem er von der Rückkehr seiner Tochter in den Iran erfahren hatte: „Die Geschichte von Clotilde ist die Geschichte einer Tochter, die ihre Mutter sucht. Heute symbolisiert sie eine sehr komplizierte Affäre zwischen Frankreich und dem Iran.“

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