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"Baby Doc" geht: Der frühere haitianische Diktator Jean-Claude Duvalier ist tot.

© Reuters

„Baby Doc“ ist tot: Haitis Ex-Diktator Jean-Claude Duvalier gestorben

Der frühere haitianische Diktator Jean-Claude Duvalier ist tot. Mit ihm stirbt auch die Chance einer juristischen Aufarbeitung seiner Schreckensherrschaft. Es fehlte wohl aber auch der politische Wille der derzeitigen Regierung, sich mit der blutigen Militärdiktatur auseinander zu setzen

Ein Herzinfarkt beendete am Wochenende das Leben von Haitis Ex-Diktator Jean-Claude „Baby Doc“ Duvalier. Im Alter von 63 Jahren starb der Mann, der im Alter von 19 Jahren zum Präsidenten aufstieg und sein Land 15 Jahre lang tyrannisierte. Mit ihm stirbt auch die Gelegenheit, dieses dunkle Kapitel Haitis juristisch aufzuarbeiten. Noch im Januar, als sich der Tag der Rückkehr Duvaliers zum dritten Mal jährte, ahnten die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch nichts Gutes. Fehlender politischer Wille werde es Duvalier ermöglichen, sich trotz schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen der Justiz zu entziehen, beklagten die beiden prominenten Organisationen. Sie sollten Recht behalten.

Ein geplündertes Land

Drei Jahre ist es nun her, dass jener Mann, den alle Welt nur „Baby Doc“ ruft, wieder den Boden jenes Landes betrat, das er vor gut einem Vierteljahrhundert mit Schimpf und Schande verlassen musste. Seine Landsleute waren die Tyrannei leid. Trotz der gefürchteten „Tontons Macoutes“, den todbringenden Milizen, die das Land mit ihrem Terror überzogen, um das System Duvalier zu stützen, standen die Menschen 1986 auf und jagten „Baby Doc“ außer Landes. Vorausgegangen war eine Schreckensherrschaft, die wohl mehr als 30.000 Menschen das Leben kostete und mehr als 100.000 Haitianer in die Flucht trieb. Gelernt hatte „Baby Doc“ sein blutiges Regierungshandwerk von seinem Vater François Duvalier, alias „Papa Doc“, der 1957 an die Macht kam und mit Hilfe des Militärs die Familien-Diktatur begründete. Das Haiti als das ärmste Land der Nordhalbkugel gilt, ist auch in der skrupellosen Ära Duvalier begründet. „Baby Doc“ schaffte Millionen, wenn nicht gar Milliarden außer Landes. Das geplünderte Geld parkte die Familie auf Schweizer Konten. So kam es zu bizarren Szenen: Während die Haitianer bittere Not litten, jettete Frau Duvalier in der Concorde zum Shopping nach Paris.

Die Rückkehr des Diktators

„Ich bin gekommen um zu helfen“, versprach Jean-Claude Duvalier bei seiner überraschenden Rückkehr nach Haiti am 16. Januar 2011. Gerade erst hatte das Land das schwere Erdbeben überstanden, bei dem 250.000 Menschen starben und Millionen obdachlos blieben. Das Letzte, was die leidgeprüften Haitianer gebrauchen konnten, war eine Neuauflage der Duvalier-Diktatur. Dazu sollte es nicht kommen. Haiti duldete die Rückkehr seines Ex-Dikators, ließ ihn in einem Anwesen über den Hügeln der leidgeprüften Hauptstadt Port-au-Prince leben. Es waren wohl die vielen Hilfsmilliarden, die nach dem Erdbeben aus aller Welt nach Haiti strömten, die Duvaliers neue Liebe zur alten Heimat erweckten. Es gab wieder etwas zu verdienen in dem Land, dass seine Familie zuvor ebenso sytematisch wie skurpellos ausgeplündert hatte. Immerhin blieb dem Land sein politisches Comeback erspart.

Überraschend versöhnlicher Nachruf

Haitis Präsident Michel Martelly hat sich mit Duvalier arrangiert. Nach Bekanntwerden der Todesnachricht zeigte er sich überraschend versöhnlich: „Auf dass Deine Seele in Frieden ruhe“, twitterte Martelly, der nichts unternahm, den Diktator für seine Untaten zur Rechenschaft zu ziehen. Duvalier selbst hatte ohnehin eine eigenwillige Sicht der Dinge. Mit seiner Abdankung 1986 habe der von seinem Vater als Präsident auf Lebenszeit ausgerufene Diktator einen Bürgerkrieg verhindert und damit einen Neuanfang möglich gemacht. Fast ein halbes Jahrhundert residierte Duvalier danach mehr oder weniger unbehelligt in Frankreich, ehe er sich zur Rückkehr nach Haiti entschloss. Der Tod Duvaliers raube den Haitianern die Möglichkeit, einen der größten Prozesse für die Menschenrechte in der Geschichte des Landes mitzuerleben, zeigte sich Reed Brody von Human Rights Watch enttäuscht. Seine Organisation hatte in den letzten Jahren die Duvalier-Opfer dabei unterstützt, den Diktator juristisch zur Rechenschaft zu ziehen. Dazu wird es nun nicht mehr kommen.

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