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Politik: Bahn frei für den Scharfmacher

Die Tories suchen einen neuen Chef – und finden Michael Howard

Nach der Absetzung ihres Parteichefs Iain Duncan Smith demonstrieren die britischen Tories etwas, das lange Zeit kein Thema war: Einmütigkeit. In einer offensichtlich im Hintergrund orchestrierten Serie von Solidaritätsmanövern scharen sich die Spitzenkräfte der Partei um den derzeitigen Schattenschatzkanzler und ehemaligen Innenminister Michael Howard. Noch bevor dieser am Donnerstag offiziell seine Kandidatur erklärte, hatten die wichtigsten potenziellen Konkurrenten zu seinen Gunsten auf eine Kandidatur verzichtet. „Diese Einmütigkeit ist ein wertvolles Gut. Darauf muss die Partei jetzt aufbauen, hier in Westminster und im ganzen Land“, sagte Schattenaußenminister Michael Ancram, als er Donnerstagmorgen seinen Verzicht erklärte. Solange Howard der einzige Kandidat bleibe, werde er seinen Namen nicht auf die Liste setzen.

Bei den Tories geht derzeit alles ganz schnell. Eine halbe Stunde, nachdem Duncan Smith in einer Vertrauensabstimmung in der Fraktion abgesetzt worden war, verkündete einer der führenden Parteirechten, David Davis, seinen Verzicht. Eine Stunde später stellte sich ein Triumvirat moderater Politiker um Schatteninnenminister Oliver Letwin hinter Howard. Klar ist, dass die Partei eine Kampfabstimmung vermeiden will. Steht nur der Name Howards auf der Liste, erübrigt sich auch die teuere und langwierige Mitgliederwahl. Das würde Howard in die Lage versetzen, bereits bei der Thronrede am 26. November mit der eigentlichen Arbeit zu beginnen: Premier Blair eine echte und schlagkräftige Opposition gegenüberzustellen. Auch wenn er nicht gerade zu den beliebtesten Tory- Politikern gehört, ist Howard für diese Aufgabe nach Meinung vieler Beobachter bestens geeignet. Der scharfzüngige Rechtsanwalt wirkt gelegentlich arrogant, gehört aber zu den effektivsten Debattenrednern der Tories. Als Schattenschatzkanzler hat er Gordon Brown und seine Ausgabenpolitik wirkungsvoll attackiert. Als Innenminister unter John Major galt er als Scharfmacher – aber die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbrechensbekämpfung werden nun Stück für Stück von Labour-Innenminister Blunkett umgesetzt.

Für Blair wäre die Wahl Howards eine schlechte Nachricht. Er durfte bisher auf einen Führungsstreit und weitere Tatenlosigkeit der Opposition hoffen. Doch diese Hoffnung wird sich wohl nicht erfüllen. Hinterbänkler rufen bereits Ex-Stars der Konservativen wie Ex-Schatzkanzler Kenneth Clarke und den vielleicht fähigsten Tory-Politiker, Michael Portillo, zur Rückkehr ins Schattenkabinett auf. Die Tories wieder auf dem Weg zur verloren gegangenen Stabilität?

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