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In den vergangenen Tagen gab es in Bangladesch 60 Tote.

© AFP

Bangladesch: Ein asiatischer Frühling

Auch in Bangladesch gehen jetzt junge Aktivisten und Blogger auf die Straße. Sie protestieren gegen den Einfluss der islamischen Partei Jamaat-i-Islami.

Häuser brennen, Molotowcocktails fliegen durch die Luft, Schlägertrupps liefern sich Schlachten mit der Polizei, liberale Blogger werden von religiösen Fundamentalisten angegriffen. Seit Wochen wird der südasiatische Staat Bangladesch von blutigen Unruhen und heftigen Protesten erschüttert. Allein in den vergangenen vier Tagen sollen über 60 Menschen getötet worden sein. Am Wochenende eskalierten die Krawalle weiter. In Teilen des 147 Millionen Einwohner zählenden Landes wurde ein Versammlungsverbot verhängt, die Regierung ließ im Norden die Armee ausrücken, um die Unruhen einzudämmen. „Bangladesch brennt“, schrieb die indische Zeitung „Times of India“.

Auslöser sind Haft- und Todesurteile gegen mehrere Führer der islamischen Partei Jamaat-i-Islami wegen Kriegsverbrechen im Unabhängigkeitskrieg von 1971. Am Donnerstag hatte ein von der Regierung eingesetztes Tribunal auch den 73-jährigen Vizepräsidenten der Jamaat, Delwar Hossain Sayedee, wegen Mordes und Vergewaltigung zum Tod verurteilt. Aus Protest riefen die Jamaat sowie die größte Oppositionspartei BNP zu einem mehrtägigen Generalstreik auf. Jamaat-Anhänger griffen Polizisten an und zündeten Häuser von Politikern der Regierungspartei Awami Liga an. Die Jamaat wähnt einen Feldzug von Premierministerin Sheikh Hasina hinter den Urteilen, um die Opposition zu schwächen. Die islamische Partei ist traditionell ein Koalitionspartner der Oppositionspartei BNP, die von Hasinas Erzfeindin Khaleda Zia geführt wird.

Bei den Unruhen geht es nur vordergründig um die Vergangenheit, in Wahrheit wohl eher um die Zukunft des Landes. Den Islamisten der Jamaat stehen meist junge Demonstranten, angeführt von Bloggern und Online-Aktivisten, gegenüber, die seit Anfang Februar zu Tausenden im Shahbagh-Viertel in der Hauptstadt Dhaka demonstrieren. Sie fordern ein Verbot der Jamaat, die als eine treibende Kraft hinter der Islamisierung des Landes gilt. Die Autorin Taslima Nasrin, die seit 1995 im Exil lebt, glaubt, der Aufstand sei ein erstes Aufbegehren gegen die Islamisierung. „Nach Jahrzehnten des Schweigens“ sei die Geduld der Protestierer am Ende.

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