zum Hauptinhalt
Seehofer

© dpa

Bayern: Mit der FDP zu neuen Schulden?

CSU in Bayern beschließt Koalitionsverhandlungen mit der FDP – und beharrt nicht mehr auf ausgeglichenem Haushalt. Man merkt der Unions-Partei an, dass sie sich auf unbekanntem Terrain bewegt.

Wie selbstverständlich ist auch wieder der Ehrenvorsitzende anwesend, als bei der CSU in München der Vorstand zusammen mit der Berliner Landesgruppe tagt. Und Edmund Stoiber kommt zwischendurch einmal schnell heraus, um über sein rotes Mobiltelefon ein paar Dinge zu klären. Nichts soll ohne ihn gehen, daran hat auch die gleich doppelte Installation von Horst Seehofer kaum etwas geändert.

Wenig später dann der Auftritt des Moderators Horst Seehofer, der sichtlich bemüht war, auch den scheidenden CSU-Chef Erwin Huber immer wieder einzubinden: „Ist das richtig so, Erwin?“, erkundigte sich Seehofer zwischendurch. Seehofer bestätigte, dass womöglich bereits heute Koalitionsverhandlungen mit der FDP aufgenommen würden. Und nicht verhandelbar sei dabei allein seine Wahl zum bayerischen Ministerpräsidenten.

Es darf also wieder geschmunzelt werden, wenn der Parteivorsitzende spricht. Ernsthafter werdend redete Seehofer davon, dass man in der CSU glaube, nach den Vorverhandlungen mit der FDP „eine stabile Regierung und gute Inhalte für unsere Heimat Bayern vereinbaren“ zu können. Und offenbar sind CSU und FDP dafür auch bereit, das Ziel eines schuldenfreien Haushalts aufzugeben.

Angesichts drohender Milliardenbelastungen für den bayerischen Haushalt durch Risiken bei der halbstaatlichen Bayerischen Landesbank stellte FDP-Spitzenkandidat Martin Zeil ein Festhalten am gesetzlich festgeschriebenen Haushalt ohne Neuverschuldung infrage. Voraussetzung für ein gemeinsames Regierungsprogramm sei, dass die CSU „Klarheit schafft, was die Risiken betrifft“, sagte Zeil. Und Belastungen durch die Landesbank dürften „keinesfalls Zukunftsaufgaben verstellen“.

Auch der designierte Ministerpräsident Horst Seehofer wollte sich nicht auf einen ausgeglichenen Haushalt festnageln lassen. Man sei immer „extrem schlecht beraten, Koalitionsverhandlungen mit öffentlichen Festlegungen zu belasten“, sagte er ausweichend. Huber wiederum schloss lediglich aus, dass sich der Freistaat am Rettungspaket des Bundes für den Bankensektor beteiligen könnte. Man stehe nur „zu dem, was wir als Anteilseigner der Bayern-LB beizubringen haben“, betonte der Finanzminister und bisherige CSU-Chef.

Der Beschluss, offizielle Koalitionsverhandlungen mit der FDP zu beginnen, fiel im CSU-Vorstand einstimmig. Es habe zwar auch mit den Freien Wählern etliche Schnittpunkte bei den Vorgesprächen gegeben, sagte Seehofer. Eine Dreier-Koalition scheide allerdings schon deshalb aus, weil die Liberalen dazu nicht bereit seien. Und auch Parallelverhandlungen werde es nicht geben, sagte der Verhandlungsführer. Bei den Gesprächen sollen zunächst die Sachfragen im Vordergrund stehen. „Unverrückbare Bedingungen“ wolle die CSU keine stellen, versprach Seehofer – und vergaß nicht, auch die FDP davor zu warnen. Die sei schlecht beraten, sagte er, wenn sie sich auf so etwas einlasse.

Inhaltlich ist natürlich noch längst nicht alles in trockenen Tüchern. Während die CSU den Liberalen bei der geforderten Lockerung des strikten bayerischen Versammlungsrechts und bei Online- Durchsuchungen bereits entgegengekommen ist, wird offenbar um Kompromisse in der Bildungspolitik noch heftig gerungen. Die FDP fordert unter anderem eine sechsjährige gemeinsame Grundschulzeit, die CSU indessen wehrt sich heftig gegen diese Verlängerung um zwei Jahre.

Beim Thema flexiblerer Ladenschluss lasse die CSU„über viel mit sich reden, aber nicht über den Sonntag“, berichtete Zeil. Weitere Forderungen der FDP sind eine bessere Integration von Einwanderern sowie mehr Rechte für Schwule. Auch in Bayern müsse es möglich sein, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften auf dem Standesamt zu schließen, sagte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

Man sei eben „kein einfacher Verhandlungspartner“, betonte Zeil. Seehofer lobte die FDP allerdings schon einmal als „klug und professionell“. Freilich mache er sich, „über das, was vor uns steht, an Schwierigkeit und Größe, keine Illusionen“, gab er zu Protokoll. Es sei aber auch der „richtige Geist vorhanden“, das stimme ihn zuversichtlich.

Maliziös wie oft vergaß der designierte Regierungschef nicht anzumerken, dass die CSU in Bayern jahrzehntelang keinerlei Koalitionsverhandlungen geführt habe. Schon deswegen bewege sie sich auf ungewohntem Terrain. Bis zum Ende der kommenden Woche sollen die Koalitionsverhandlungen trotzdem abgeschlossen sein.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false