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Befragung der Generäle: Kundus-Ausschuss von Informationsleck überrumpelt

Der Kundus-Untersuchungsausschuss hat die Vernehmung zweier Spitzenmilitärs verschoben. Grund ist die Veröffentlichung von bislang geheimen Informationen im Internet.

Eigentlich wollte der Kundus-Untersuchungsausschuss in der vergangenen Nacht hören, was zwei Generäle der Bundeswehr zu dem verheerenden Bombardement zweier Tanklastzüge in Afghanistan zu sagen haben. Daraus wurde jedoch zunächst nichts: Die Abgeordneten verschoben die Vernehmung des ehemaligen Isaf- Regionalkommandeurs für Nordafghanistan, Brigadegeneral Jörg Vollmer, und des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos in Potsdam, Generalleutnant Rainer Glatz. Agenturangaben zufolge will der Ausschuss die beiden Militärs nun in einer Sondersitzung am 15. März befragen.

Grund für den ungewöhnlichen Schritt war ein Artikel von Spiegel Online, in dem aus geheimen Akten zitiert wurde. Dem Bericht zufolge sollen Glatz und Vollmer schon früh Hinweise auf zivile Opfer des Bombardements vom 4. September erhalten haben. Der in Kundus für das Nachrichtenwesen zuständige Offizier habe eine entsprechende Meldung in das interne Netz der Isaf eingespeist. Die beiden Generäle hätten sich aber darauf verständigt, heikle Stellen des Berichts nur wenige Stunden später zu löschen. Glatz soll das Spiegel Online zufolge in einem Vermerk damit begründet haben, dass "Details noch nicht valide nachgeprüft waren".

Der Bundeswehroberst Georg Klein hatte den Angriff auf die beiden von Taliban entführten Tanklaster befohlen, wodurch bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt wurden. Glatz und Vollmer waren zum Zeitpunkt der Luftschläge die Vorgesetzten des Obersts.

Die Ausschussmitglieder erfuhren am späten Nachmittag während einer Zeugenvernehmung von dem Spiegel Online-Artikel. Vor allem die Abgeordneten der Union sollen Teilnehmern zufolge empört reagiert haben. Die Veröffentlichung wird voraussichtlich ein juristisches Nachspiel haben: Der  Untersuchungsausschuss will Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU) auffordern, Strafanzeige gegen unbekannt wegen Geheimnisverrats zu stellen.

Die geheimen Unterlagen sollen sich in einem der 30 Aktenordner befinden, die das Verteidigungsministerium den Ausschussmitgliedern zur Verfügung gestellt hat. Den Angaben zufolge überprüfte das Sekretariat des Gremiums dies noch während der Sitzung. Allerdings kannten nicht alle Ausschussmitglieder die entscheidenden Zitate. Die Initiative für eine Verschiebung der Aussagen der beiden Generäle soll von der Union gekommen sein, die Entscheidung sei aber einvernehmlich getroffen worden, hieß es. 

Zu Beginn der Sitzung hatte es erneut Streit über den Zeitpunkt der Aussage von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gegeben. Die Koalition warnte die Opposition davor, den Ausschuss für politische Grabenkämpfe zu missbrauchen. "Wir wollen nicht politische Scharmützel", sagte der FDP-Politiker Hellmut Königshaus. Der Ausschuss hatte zuvor den Terminplan für die Zeugenbefragungen gestreckt, sodass Guttenberg in der heißen Phase des Landtagswahlkampfs in Nordrhein-Westfalen aussagen muss.

Die Opposition verwahrte sich gegen die Verdächtigung, sie wolle die Ausschussarbeit für Wahlkampfzwecke instrumentalisieren. "Mir ist die Nordrhein-Westfalen-Wahl im Zusammenhang mit Kundus völlig gleichgültig", sagte der Grünen-Politiker Omid Nouripour.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa

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