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Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat sich einen von 26 Sammelpunkten angesehen, wo Farc-Rebellen ihre Waffen abliefern.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Kolumbien: Begutachter des Friedens

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verabschiedet sich mit einer Reise nach Kolumbien von seinem Amt. In Bogotá öffnet er ein Deutsch-Kolumbianisches Friedensinstitut.

Es ist seine letzte große Reise als Außenminister, denn im Februar soll er zum Bundespräsidenten gewählt werden. Am Freitag ließ sich Frank-Walter Steinmeier (SPD) den Erfolg des Friedensabkommens zwischen der Regierung in Kolumbien und der Rebellenmiliz Farc zeigen. Er wolle sich anschauen, was passiert, wenn „mit Zähigkeit, Mut und dem ehrlichen Willen zum Kompromiss Frieden erreicht“ wird. Das sagte er vor dem Abflug in Berlin. „Ich hoffe, dass dieses positive Beispiel Schule macht in anderen Regionen der Welt.“

Steinmeier traf sich mit Präsident Juan Manuel Santos, der im vergangenen Jahr den Friedensnobelpreis erhalten hatte. Zudem besuchte er eine von 26 Entwaffnungszonen, in denen sich die noch rund 5800 Farc-Kämpfer einfinden, um ihre Waffen abzugeben. In Bogotá eröffnete Steinmeier ein Deutsch-Kolumbianisches Friedensinstitut (Capaz), in dem kolumbianische und deutsche Wissenschaftler den Friedensprozess begleiten und die Beteiligten beraten sollen. 15 Millionen Euro hat Deutschland investiert.

Von deutscher Seite sind die Universitäten Gießen, Göttingen, Freiburg und die Freie Universität Berlin sowie das Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) an dem Zentrum beteiligt. Der Gießener Professor für öffentliches Recht, Thilo Marauhn, führt das Institut mit seinem Kollegen Camilo Alberto Borrero García von der National-Universität Kolumbien.

Steinmeier wurde von seinem Sondergesandten Tom Koenigs (Grüne) begleitet, der während der dramatischen Friedensverhandlungen mehrfach nach Kolumbien gereist war. Zudem gehören weitere Bundestagsabgeordnete aus allen Parteien zur Delegation. Vor wenigen Tagen hat die kolumbianische Regierung mit Sondierungsgesprächen mit der verbliebenen Rebellengruppe ELN begonnen., Formale Friedensverhandlungen gibt es jedoch noch nicht.

"Das war eine Fake-Kampagne"

Allerdings ist die Lage im Land alles andere als einfach. Die linken Rebellengruppen wie die ELN sind nicht die einzigen Störfaktoren für den Frieden. Es gibt Zehntausende Kriminelle, die sich zu gewalttätigen Gangs zusammengeschlossen haben und rechtsradikale Todesschwadronen. Im Oktober 2016 hatten die Kolumbianer die erste Version des Friedensvertrags mit der Farc in einem Referendum knapp abgelehnt. Viele wollten sich nicht damit abfinden, dass die Farc-Kämpfer nahezu straflos davon kommen sollen.

Andere glaubten dem konservativen Ex-Präsidenten und Oppositionsführer Álvaro Uribe, dass die Farc nun auch die Macht im Staat übernehmen werde, und die Großgrundbesitzer ihr Land verlieren würden. „Das war eine reine Fake-Kampagne“, sagt ein Touristenführer in der zweitgrößten Stadt Medellín. „Aber sie hat funktioniert.“ Nach Medellín waren jahrelang Zehntausende vor den Kämpfen in der umliegenden Kaffee-Region Antioquia in die Stadt geflüchtet. In Medellín kam es in den Armenvierteln an den Hängen zu Feuergefechten zwischen Rebellen und rechten Milizen. Dazu kam noch die Drogenkriminalität. Seit gut zehn Jahren gibt es in der Stadt aber einen Konsens darüber, dass mit der Erschließung der schwierigen Viertel mit dem öffentlichen Nahverkehr, der Versorgung mit Bibliotheken, Schulen und Bolzplätzen auch in der Stadt Frieden geschlossen werden kann. Die Mordrate sank auf mitteleuropäisches Niveau.

Am 24. November haben Präsident Santos und Farc-Komandant Timoleón Jiménez ein noch einmal nachverhandeltes Friedensabkommen unterschrieben. In Medellín kommt das besser an als in der Hauptstadt Bogotá, die von der unmittelbaren Gewalt des Konflikts weniger direkt betroffen war. Doch im vergangenen Jahr wurden mehr Menschenrechtsverteidiger, indigene Anführer, Umweltschützer und Angehörige linker Parteien ermordet als in den Jahren zuvor. Je nach Zählung waren es 90 bis 116 politischer Morde. Zu den Tätern sollen auch Angehörige des Militärs und der Polizei gehören, berichten Menschenrechtler. mit dpa

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