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Bei Alkohol- oder Drogensündern: Bundesrat will Richtervorbehalt bei Blutentnahme abschaffen

Bisher muss ein Richter die Blutentnahme bei Alkohol- oder Drogensündern erlauben. Der Bundesrat will dieses Gesetz jetzt abschaffen - und wendet sich so gegen Bundesverfassungsgericht.

Berlin - Die Sache klingt zunächst wie eine pragmatische Vereinfachung: Wenn ein Polizist einen Alkohol- oder Drogensünder aufgreift und seinen Verdacht bestätigt haben will, dann soll er für die Blutentnahme beim Verdächtigen künftig nicht mehr einen Richter um Erlaubnis fragen müssen. Sondern er soll über die Blutprobe selber entscheiden dürfen. Ist ja auch umständlich, wenn die vollziehende erst einmal bei der kontrollierenden Gewalt anfragen muss. Die niedersächsische Regierung hat daher im Bundesrat einen Gesetzentwurf eingebracht, wonach dieser sogenannte Richtervorbehalt bei Alkohol- und Drogendelikten (vor allem im Straßenverkehr) abgeschafft werden soll. Der Grund: Die Strafverfolgung soll effektiver werden, Blutproben sollen zeitnah genommen werden können, ohne Nachfragen bei Gericht. Staatsanwaltschaft und Polizei dürften damit grundsätzlich selber anordnen, was sie heute nur in bestimmten Fällen können. Die Ausnahme würde zur Regel. Der Bundesrat wird am Freitag der niedersächsischen Initiative zustimmen, denn Rechtsausschuss und Innenausschuss haben ihr Plazet gegeben.

Der Richtervorbehalt ist freilich bisher nicht ohne Grund vorgeschrieben (auch wenn er immer wieder ganz pragmatisch umgangen wird). Denn es ist ein Grundrecht berührt – das auf körperliche Unversehrtheit. Und die Blutprobe ist nun einmal ein Eingriff. Auch wenn sie im Vergleich zur Wohnungsdurchsuchung oder der Telefonüberwachung als nachrangig angesehen wird. In der Praxis prüfen die Richter den Wunsch der Polizei oft auch nicht näher. Die schwarz-gelbe Regierung in Hannover argumentiert, der Richtervorbehalt bei Blutentnahmen sei weder vom Grundgesetz vorgegeben noch aus rechtsstaatlichen Gründen geboten.

Hier kommt das Bundesverfassungsgericht ins Spiel. Denn der Bundesratsentwurf wendet sich gegen die Karlsruher Rechtsprechung. Schon 2007 entschied der Zweite Senat, dass die Blutentnahme mit der Durchsuchung von Wohnräumen vergleichbar sei und daher grundsätzlich ein Richter gefragt werden müsse. Im Juni 2010 bekräftigte Karlsruhe die Notwendigkeit des Richtervorbehalts nochmals. Er ziele auf eine effektive, vorbeugende Kontrolle der Ermittlungsmaßnahmen durch eine unabhängige und neutrale Instanz, befanden die Richter. Nur bei „Gefährdung des Untersuchungserfolgs“ dürften auch die Staatsanwaltschaft und – erst danach – die Polizei eine Blutentnahme anordnen.

In der Bundesregierung will man die Abstimmung in der Länderkammer abwarten. Aus dem Bundesjustizministerium ist zu hören, dass man die Vorlage dann „genau prüfen“ werde.

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