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Politisch umkämpfter Einsatz. Im Januar entscheidet der Bundestag über die Verlängerung des Mandats der Bundeswehr in Afghanistan – wie hier in Kundus.

© Fabrizio Bensch/Reuters

Afghanistan-Einsatz: "Bei vielen geht die Geduld zu Ende"

In der SPD wächst die Skepsis gegenüber dem Afghanistan-Einsatz – die Partei stellt Bedingungen. Die Sozialdemokraten werfen Außenminister Westerwelle vor, er sei von früheren Versprechungen für einen baldigen Abzugsbeginn wieder abgerückt.

Von Hans Monath

Berlin - Wenn die Bundestagsabgeordneten am heutigen Montag den ersten Fortschrittsberichts der Bundesregierung zu Afghanistan in Händen halten, geht die Debatte über den Bundeswehr-Einsatz am Hindukusch in eine neue Phase. Vor allem die SPD steht rund sieben Wochen vor der Abstimmung über die Mandatsverlängerung im Bundestag vor einer großen Herausforderung. Die Parteiführung nämlich will das Kunststück fertigbringen, zugleich die Regierung zu Zugeständnissen zu drängen und die eigenen Reihen möglichst geschlossen zu halten.

Doch die innerparteiliche Debatte über das Afghanistan-Mandat könnte heftig werden. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) forderte die Bundestagsabgeordneten schon auf, die Verlängerung abzulehnen. Zwar hielten die Einsatz-Befürworter sofort dagegen. Doch die Vorbehalte unter den SPD-Parlamentariern wachsen. „Bei vielen geht langsam die Geduld zu Ende“, sagt einer, der in den vergangenen Wochen dazu viele Gespräche geführt hat.

Als besonders kritisch schätzt das Willy-Brandt-Haus die Stimmung in den ostdeutschen Landesverbänden sowie in Bayern und Hessen ein. Gelegenheit zur Debatte bietet die SPD-Spitze am Dienstag auf einer Konferenz in der Parteizentrale, zu der sie neben afghanischen Gästen auch den Afghanistan-Beauftragten der Bundesregierung, Michael Steiner, geladen hat. Erst danach will die Parteiführung die eigene Position erarbeiten.

Erste Pflöcke haben prominente SPD-Außenpolitiker aber längst eingeschlagen. Fraktionsvize Gernot Erler drohte damit, das Mandat abzulehnen, sofern die Bundesregierung nicht „klipp und klar“ zusagen werde, das Bundeswehr-Kontingent schon 2011 zu verkleinern. Präsidiumsmitglied Martin Schulz bekräftigte diese Position. „Dahinter können Merkel und Westerwelle nicht zurück“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Der EU-Parlamentarier forderte darüber hinaus die Auflösung der flexiblen Afghanistan-Reserve der Bundeswehr von 350 Mann ebenfalls im kommenden Jahr. Daneben wird die SPD voraussichtlich stärkere Anstrengungen zur Korruptionsbekämpfung, den weiteren Ausbau der zivilen Hilfe und mehr deutsche Initiative zur Einbindung der Nachbarstaaten in den Stabilisierungsprozess verlangen.

Die Sozialdemokraten werfen Außenminister Guido Westerwelle (FDP) vor, er sei von früheren Versprechungen für einen baldigen Abzugsbeginn wieder abgerückt. Im Bundestag hatte Westerwelle am 10. Februar von einer Abzugsperspektive „ab Ende 2011“ gesprochen. Seit Wochen redet der Minister nun von dem Ziel, ab 2012 zu reduzieren. „Das Problem liegt nicht in der SPD-Fraktion, sondern in der Bundesregierung“, klagt der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels: „Die Bundesregierung drückt sich so unklar aus, dass man als Abgeordneter nicht weiß, woran man ist.“

Im Fortschrittsbericht heißt es nun: „Im Zuge der Übergabe der Sicherheitsverantwortung beabsichtigt die Bundesregierung, einzelne nicht mehr benötigte Fähigkeiten – soweit die Lage dies erlaubt – ab Ende 2011/2012 zu reduzieren.“ Zusagen zum Abzugsbeginn erwarten die Sozialdemokraten aber nicht nur in dem rechtlich unverbindlichen Bericht, sondern auch in der Vorlage für den Bundestag. „Was im Fortschrittsbericht versprochen wird, sollte sich auch im Mandat wiederfinden“, fordert der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich. Damit zeichnet sich ab, dass Regierung und SPD in den kommenden Wochen hartnäckig um Inhalte und um einzelne Formulierungen ringen werden. Während die SPD-Verhandler mit Verweis auf ihre kritische Basis klare Aussagen verlangen werden, dürfte die Exekutive mit Blick auf ihren Handlungsspielraum Detailfestlegungen vermeiden.

In der Koalition, so zeigen erste Reaktionen auf die SPD-Forderungen, ist das Interesse groß, die Sozialdemokraten auch weiter einzubinden. Schrille Warnungen vor einem außenpolitischen Alleingang der größten Oppositionspartei sind jedenfalls nicht angesagt. „Die SPD hat sich bisher verantwortungsbewusst verhalten“, lobt der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder (CDU): „Für den Konsens im Deutschen Bundestag und für die Soldaten im Einsatz wäre es gut, wenn das so bleiben würde.“

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