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Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin. Sie war unter anderem Chefredakteurin von "impulse".

© Mike Wolff

Ein Zwischenruf: Beim Euro hat sich der Süden durchgesetzt

Die Europäische Zentralbank betreibt die Vergesellschaftung der Schulden einzelner Euroländer - und destabilisiert die Weltwirtschaft. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Ursula Weidenfeld

Gewitter kündigen sich an. Man hört den Donner, und hofft, dass die Sache vorüberzieht. Es fängt an zu regnen. Man läuft weiter, weil es doch wieder aufhören könnte. Nach diesem Motto haben die meisten Bürger und Politiker der Eurozone in den vergangenen Monaten gelebt. Sie hofften, dass das Gewitter vorbeizieht. Seit Donnerstag wissen sie, dass ihre Hoffnung vergebens war.

Am Donnerstag hat die Schweiz den Wechselkurs des Schweizer Franken zum Euro freigegeben. Der Wert des Euro stürzte bis zum Wochenende um rund 20 Prozent ab. In der kommenden Woche wird die Europäische Zentralbank wahrscheinlich erklären, dass und wie sie ganz demnächst Staatsanleihen der Euroländer aufkaufen will. Dazu kommt: Am nächsten Sonntag wird in Griechenland gewählt. Wahrscheinlich wird die Linkspartei die Wahlen gewinnen, die das Reformprogramm für das Land ablehnt und die Staatsschulden nicht mehr bedienen will. All das wird den Außenwert des Euro drücken.

Die Abwertung kommt Europas Krisenländern sehr gelegen. Sie hoffen, dass sie so um eigene Reformanstrengungen herumkommen können. Statt im eigenen Land aufzuräumen und Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Sozialsysteme in Ordnung zu bringen, exportieren sie ihre Probleme. Die EZB hilft ihnen dabei – und trägt so dazu bei, die Weltwirtschaft zu destabilisieren. Weil die Bürger ihr Geld in Sicherheit bringen wollen, entstehen Preisblasen auf den Aktien- und Immobilienmärkten. Investoren verlassen das Währungsgebiet und suchen Märkte mit höheren Zinsen und besseren Konjunkturaussichten. Europas Wirtschaft wird durch den Kapitalabfluss geschwächt, Investitionen werden zurückgestellt. Auf der anderen Seite werden die Zielregionen durch die Euro-Schwemme destabilisiert, auch ihre Notenbanken werden reagieren müssen. Man muss kein Mitleid mit den USA, Japan oder der Schweiz haben. Doch ein Abwertungswettlauf hätte verheerende Wirkungen für die Weltwirtschaft.

All das nimmt die EZB in Kauf. Mit dem Kauf von Staatsanleihen wird sie die Vergesellschaftung der Schulden einzelner Euroländer einleiten. Das aber heißt: Nicht die nordeuropäische Auffassung, wie eine gute Geldpolitik aussehen soll, hat sich durchgesetzt. Die südlichen Länder bestimmen den Kurs. Am Ende könnte uns der Blitz doch noch treffen.

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