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Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) spricht am 13.05.2016 im Bundestag in Berlin während der Debatte zum CETA-Abkommen.

© dpa

Der Rückzug von Norbert Lammert: Beinfreiheit für den Kampf um das Amt des Bundespräsidenten?

Norbert Lammerts Rückzug aus der Politik kam überraschend. Sucht er Beinfreiheit für das Amt des Bundespräsidenten? Eine Analyse.

Von Robert Birnbaum

Norbert Lammert war gerne mal für eine Überraschung gut, nicht immer zur Freude aller. Den Auftritt Wolf Biermanns zum 25. Jahrestag des Mauerfalls wird ihm die Linke nicht vergessen, die der Liedermacher als „Drachenbrut“ beschimpfte. Dass der Parlamentspräsident auf dem Höhepunkt der Griechenlandkrise zwei Euro-Kritikern Rederecht gewährte, erzürnte wiederum die Spitzen der schwarz-gelben Koalition. Es passt also ins Bild, wenn sein Abschied jetzt die Unionsspitze wieder überrascht. „Ich habe, ehrlich gesagt, nicht damit gerechnet“, sagt CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt.

Nun hätte die CSU-Frau eigentlich allen Grund, das erklärte Motiv des 67-Jährigen für den Abschied aus der Politik zu verstehen: „Ich denke, es ist nun Zeit für einen Wechsel, zumal auch ich nicht immer jünger werde“, schrieb der Christdemokrat an seinen Bochumer Kreisverband. Hasselfeldt, ein Jahr jünger, hört selber im nächsten Jahr auf.

Er war eigentlich ungefährdet

Aber anders als im christsozialen Haifischbecken erschien im Fall Lammert die Position als Klassensprecher des Bundestages, wie er selbst sich manchmal definierte, eigentlich ungefährdet. So schossen denn auch gleich Spekulationen ins Kraut, der als Redner hoch anerkannte Bochumer wolle sich mit dem Mandatsverzicht Beinfreiheit als wenig parteipolitischer Bundespräsidentenkandidat verschaffen.

Doch vermutlich ist es viel einfacher. 37 Jahre im Bundestag sind eine lange Zeit. In den dann acht Jahren auf dem Präsidentenpult hat Lammert viel dafür getan, Anspruch und Würde des Parlaments als zentralem Ort der Demokratie aufrecht zu erhalten – gegen die Regierung, aber auch gegen ausgreifende Einsprüche des Verfassungsgerichts unter Präsident Andreas Voßkuhle.

Der hat ihm auch sein letztes Projekt eingebrockt. Seit dem letzten Wahlrechtsurteil aus Karlsruhe droht die Aufblähung des Bundestages durch Überhang- und Ausgleichsmandate. Lammert fürchtet um den Ruf des Parlamentarismus, wenn im Reichstag dereinst Stehplätze vergeben werden müssten. Aber seine Reformvorschläge sind in den Parteien bisher bestenfalls auf freundliches Desinteresse gestoßen. Das mag den Entschluss erleichtert haben, sich bald ganz seiner Stiftung zur Förderung der politischen Bildung und der Honorarprofessur für Sozialwissenschaften an seiner Bochumer Ruhr-Universität zu widmen.

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