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Eine NPD-Demonstration für einen inhaftierten Neonazi in Berlin.

© imago/Christian Ditsch

Beratungsstellen für Opfer: Höchststand rechter Gewalt in Sachsen-Anhalt

In Berlin hat es laut Beratungsstellen 380 rechte Angriffe gegeben. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern wurde sogar ein Höchststand rechter Angriffe festgestellt.

Von Frank Jansen

Die Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt in den fünf neuen Ländern und Berlin sind konsterniert. Neonazis und andere Rechte haben 2016 fast überall noch häufiger zugeschlagen als 2015. Damals waren die Zahlen der Attacken während des starken Zustroms von Flüchtlingen bereits enorm gestiegen.

Im vergangenen Jahr registrierten die Beratungsstellen insgesamt 1612 rechte Angriffe, 122 mehr als 2015. Verletzt oder zumindest massiv bedroht wurden 2499 Menschen, darunter viele Flüchtlinge. 1099 Attacken waren rassistisch motiviert. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern wurde sogar ein Höchststand rechter Angriffe seit Gründung der dortigen Beratungsstellen festgestellt.

"Wie noch nie in der 16-jährigen Geschichte des Vereins"

„Das ist die bitterste Bilanz seit Bestehen des Projekts“, sagte am Donnerstag Antje Arndt von der „Mobilen Beratung für Opfer rechter Gewalt“, die 2001 in Sachsen-Anhalt aktiv wurde. In dem Land gab es im vergangenen Jahr 265 Attacken mit 401 Opfern, darunter 45 Flüchtlingskinder. Rassistische Angriffe auf Kinder, unter anderem in Schulen und auf Spielplätzen, würden oft verharmlost, klagt Arndt.

In Mecklenburg-Vorpommern zählte der Verein „Lobbi“ 149 rechte Attacken. 248 Menschen, darunter zehn Kinder, seien „direkt betroffen“ gewesen, sagte der Sprecher der Beratungsstelle, Robert Schiedewitz. Die Zahl der Körperverletzungen sei so hoch „wie noch nie in der 16-jährigen Geschichte des Vereins“.

In Berlin berichtete am Donnerstag die Beratungsstelle „Reach Out“ von 380 rechten Angriffen. Das sind 60 mehr als im Jahr 2015. Die Attacken im vergangenen Jahr trafen 553 Menschen. Auch in Berlin sind 45 Opfer noch im Kindsalter.

Der Brandenburger Verein „Opferperspektive" meldet 221 (2015: 203) rechte Attacken und 335 Opfer. In Thüringen spricht die Beratungsstelle „Ezra“ von 160 Fällen. Das seien fast 30 Prozent mehr als 2015. „Direkt betroffen von den Angriffen sind mindestens 277 Menschen“, hieß es. 31 rechte Gewalttaten hätten sich gegen Kinder gerichtet.

"Gruppe Freital" plante wohl Angriff auf Polizeirevier

Nur in Sachsen gab es einen leichten Rückgang bei der Gesamtzahl der rechten Attacken. Dennoch sind die absoluten Zahlen hier die höchsten aller sechs ostdeutschen Beratungsstellen. Von 437 Angriffen (2015: 477) mit 685 Betroffenen spricht die „Opferberatung für Betroffene rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt“. Allerdings sei die Zahl der rassistischen Attacken im vergangenen Jahr um 21 auf 306 gestiegen. Rechte Angriffe auf politische Gegner nahmen jedoch ab.

Unterdessen hat im Dresdener Prozess gegen mutmaßliche Mitglieder der rechtsextremen „Gruppe Freital“ ein Angeklagter ausgesagt. Der 19-jährige Justin S. bestätigte bei den Verhandlungstagen in dieser Woche wesentliche Punkte der Anklage. Die Bundesanwaltschaft wirft den acht Angeklagten vor, eine rechtsterroristische Vereinigung gegründet und Anschläge auf Flüchtlinge und Linke verübt zu haben. Justin S. berichtete auch, die Gruppe habe einen Angriff auf ein Polizeirevier in Freital geplant.

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