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Italien: Berlusconi verliert Mehrheit im Parlament

Berlusconi unter Druck: Zwei Abgeordnete treten aus Partei des italienischen Premierministers aus. Er wäre nicht der erste, den die Krise das Amt kostet.

Der angeschlagene italienische Regierungschef Silvio Berlusconi muss um eine Parlamentsmehrheit für seine Anti-Krisen-Maßnahmen kämpfen. Deren Umsetzung hatte er auf dem G-20-Gipfel in Cannes zugesagt. Nach dem Austritt von zwei Abgeordneten aus seiner Partei PdL (Volk der Freiheit) hat Berlusconi im Abgeordnetenhaus aber gegenwärtig keine absolute Mehrheit mehr.

Italien gilt als nächster Wackelkandidat in der Euro-Gruppe aufgrund seiner hohen Gesamtschuldenlast von 120 Prozent der Wirtschaftsleistung sowie eines geringen Wirtschaftswachstums. Im Gegensatz zu anderen Krisenländern ist Italien aber überwiegend bei inländischen Geldgebern verschuldet. Zudem gilt die Wirtschaft grundsätzlich als solide.

Innenpolitisch steht Berlusconi schwer unter Druck. Seine Mehrheit sei auf 314 von 630 Abgeordneten geschrumpft und könnte noch weiter abnehmen, berichteten italienische Medien übereinstimmend.

Zum parlamentarischen Showdown könnte es für Berlusconi allerdings bereits am nächsten Dienstag in der Abgeordnetenkammer kommen, wenn der „Cavaliere“ den zweiten Versuch macht, den Rechenschaftsbericht 2010 absegnen zu lassen – bei einem ersten Votum kassierte er dabei eine herbe Niederlage, so dass der Ruf nach Rücktritt lauter wurde. Berlusconi hat bereits mehr als 50-mal im Parlament mit dem Vertrauensvotum seine Gesetze beschleunigt durchgesetzt. Zuletzt warb er Mitte des vergangenen Monats – nach der Schlappe beim Rechenschaftsbericht – für die Regierung um das Vertrauen der Abgeordneten. Er erreichte bei dem Votum mit 316 gegen 301 Stimmen die absolute Mehrheit ganz knapp.

Derweil hält in Rom die Debatte um Neuwahlen an. Und alle Lager blicken gebannt auch auf Staatspräsident Giorgio Napolitano, der sich eingeschaltet hat. „Wenn auch (der griechische Premier) Papandreou zum Rücktritt gezwungen würde, dann bliebe Italien das einzige Krisenland, das seinen bisherigen Regierungschef behielte“, verwies der „Corriere della Sera“ auf Portugal und Irland.

Tatsächlich kostet die Schuldenkrise immer mehr politische Spitzenkräfte in der Euro-Zone den Job. Sollten Berlusconi und der griechische Premierminister Papandreou zurücktreten, wären die beiden Regierungschefs Nummer fünf und sechs, die ihr Amt wegen der Krise verlieren.

Erstes Krisenopfer war der irische Regierungschef Brian Cowen: Im Februar jagten die Iren seine erfolgsverwöhnte Fianna-Fail-Partei mit einer Erdrutschniederlage aus dem Amt. Das wohl prominenteste Krisenopfer unter den Spitzenpolitikern ist bislang der spanische Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero. Im April verkündete er, nicht mehr zur Wiederwahl antreten zu wollen.

Krisen-Opfer Nummer drei ist Zapateros Nachbar, der portugiesische Regierungschef José Sócrates. Auch für ihn war die schwere Wirtschaftskrise zu viel. Als Sócrates’ Minderheitsregierung keine Mehrheit mehr für das vierte Sparpaket innerhalb von elf Monaten finden konnte, warf der unbeliebte Sozialist das Handtuch. Bei der Neuwahl im Juni jagten ihn die Portugiesen dann mit einer krachenden Wahlniederlage aus dem Amt.

In der Slowakei war es die Debatte über den Euro-Rettungsschirm EFSF, die einen innenpolitischen Scherbenhaufen hinterließ. Die christlich-liberale Ministerpräsidentin Iveta Radicova verknüpfte eine erste Parlamentsabstimmung über die Rettungsschirm-Ausweitung mit der Vertrauensfrage – und verlor. Der neoliberale Koalitionspartner SaS verweigerte ihr die Gefolgschaft. Damit war Radicovas Regierung am Ende. Der nächsten Regierung dürfte Radicova nicht mehr angehören. dpa

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