zum Hauptinhalt

Bert Rürup: Superberater im engen Korsett

Bert Rürup ist einer der wichtigsten Berater der deutschen Politik - und auch im Ausland sehr gefragt. Jetzt soll der großen Koalition beim Gesundheits-Kompromiss helfen.

Berlin - Bert Rürup ist ein gefragter Mann. Wenn die Politik nicht mehr weiter weiß, wird der Ruf nach Expertenhilfe laut. Auch die große Koalition greift nun zu diesem Mittel, um den festgefahrenen Gesundheitsstreit zu lösen. Presseberichten zufolge soll nach dem Willen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Rürup dabei helfen. Offiziell bestätigen wollte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm die Personalie allerdings noch nicht.

Rürup ist Mitglied der SPD. Allerdings redet der Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage keineswegs seiner Partei nach dem Mund, sondern tritt immer wieder mit eigenwilligen Positionen hervor. Er ist der Superberater der deutschen Politik. Der 62-jährige Chef der fünf Wirtschaftsweisen hat in vielen Beiräten und Kommissionen gesessen. Er lehrt an der Darmstädter Uni und war Gastprofessor in Wien, Leipzig und Bukarest, er hat die Regierungen von Österreich, Kasachstan und Syrien beraten. Auch diverse Bundesregierungen bedienten sich gern seiner Dienste.

"Rentenpapst" Rürup

Rürup arbeitete von 1992 bis 2002 in der Enquete-Kommission des Bundestages "Demografischer Wandel" mit. Bei mehreren Rentenreformen saß das SPD-Mitglied in den Expertenkommissionen. Seit sechs Jahren steht er dem Sozialbeirat der Bundesregierung vor. Für die rot-grüne Bundesregierung leitete er die nach ihm benannte "Rürup"-Kommission. In die Rentenreform 2005 flossen Vorschläge der Kommission ein. Rürup wird oft als "Rentenpapst" bezeichnet. Der Finanzprofessor ist auch als Arbeitsmarktexperte und Gesundheitsberater gefragt. Für das Wirtschaftsministerium erarbeiteten Rürup und andere Experten unlängst ein brisantes Konzept zum Niedriglohnsektor, in dem unter anderem eine Kürzung des Arbeitslosengeldes II um 30 Prozent vorgeschlagen wurde.

In der Gesundheitspolitik hat sich Rürup als Befürworter des Prämienmodells hervorgetan, das die Union vertritt. Schon in der Rürup-Kommission trat er damit in Widerspruch zu einem anderen Professor, den Gesundheitsökonomen Karl Lauterbach, der für die Bürgerversicherung eintritt. Lauterbach ist jetzt SPD-Bundestagsabgeordneter, fällt als unabhängiger Experte somit aus.

Zu enges Korsett für den Super-Berater?

Rürup steht nun vor einem neuen Beratungsmandat. Für pragmatische Lösungen ist er bekannt. Schon einmal hat er in einem Gesundheitsstreit vermittelt. Vor zwei Jahren schlug Rürup ein modifiziertes Prämienmodell vor. Damals hatten sich CDU und CSU monatelang über eine gemeinsame Haltung gestritten.

Um das große Ganze soll es bei Rürups jetziger Beratertätigkeit allerdings nicht mehr gehen. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm stellte klar, dass die beiden von Union und SPD zu benennenden Fachleute einen begrenzten Auftrag haben: Es gehe um eine "punktuelle Heranziehung der Experten" - nämlich um die Frage, wie die umstrittene Ein-Prozent-Regel "praktikabel" umgesetzt werden könne. Ob der meinungsfreudige Rürup sich tatsächlich in ein derart enges Korsett zwängen lässt, muss sich erst noch zeigen. (tso/ddp/AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false