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Politik: Berufungsgericht hat offenbar die Immunität des Ex-Diktators aufgehoben

Der chilenische Ex-Diktator Augusto Pinochet muss offenbar damit rechnen, in Santiago vor Gericht gestellt zu werden. Medienberichten zufolge entschieden die Richter eines Berufungsgerichts am Dienstag mit zwölf zu zehn Stimmen, dass Pinochets Immunität aufgehoben wird und er sich wegen Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen während seiner 17-jährigen Herrschaft verantworten muss.

Der chilenische Ex-Diktator Augusto Pinochet muss offenbar damit rechnen, in Santiago vor Gericht gestellt zu werden. Medienberichten zufolge entschieden die Richter eines Berufungsgerichts am Dienstag mit zwölf zu zehn Stimmen, dass Pinochets Immunität aufgehoben wird und er sich wegen Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen während seiner 17-jährigen Herrschaft verantworten muss. Offiziell wurden die Berichte zunächst nur indirekt bestätigt.

Gerichtspräsident Ruben Ballesteros sagte nach den überraschend einberufenen, eineinhalbstündigen Beratungen lediglich: "Eine Entscheidung ist gefallen." Deren Inhalt werde aber erst in ein bis zwei Wochen nach der Unterzeichnung durch alle 22 Richter bekannt gegeben, sagte Ballesteros. Die Regierung rief die Bevölkerung zur Ruhe auf und versicherte, sie werde dafür sorgen, "dass die Entscheidung respektiert" werde. Das Berufungsgericht wollte ursprünglich erst am Mittwoch zusammenkommen. Eine Erklärung dafür, warum die Sitzung vorverlegt wurde, gab der Gerichtspräsident nicht. Möglicherweise sollten so Massenkundgebungen von Anhängern und Gegnern Pinochets verhindert werden.

Das Urteil des Berufungsgerichts kann vor dem Obersten Gericht des Landes angefochten werden. Von einer Entscheidung gegen den 84-Jährigen berichteten lokale Radiostationen und eine Online-Nachrichtenagentur, die im staatlichen Fernsehen zitiert wurde. Die Richter stützten sich in ihrer Entscheidung auf die Argumente von sieben Anwälten der Kläger und eines Anwalts von Pinochet sowie auf einen Bericht von Richter Juan Guzman, der mit 108 Strafanträgen gegen den Ex-Diktator befasst ist.

Der sozialistische Präsident Ricardo Lagos, der selbst unter Pinochet kurze Zeit inhaftiert war, wollte sich zunächst nicht äußern. Kurz vor der Verbreitung der Nachricht von der Aufhebung der Immunität hatte er in einem anderen Interview mit Radio Cooperativa aber einen Militärputsch im Falle der Entziehung der Immunität ausgeschlossen. "Es gibt überhaupt keine derartigen Befürchtungen. Das kann ich Ihnen als Präsident Chiles versichern", sagte Lagos.

Pinochet hat sich seinen Anspruch als Senator auf Lebenszeit in der Verfassung festschreiben lassen und genießt damit Immunität. Der eheamlige Diktator war nach 16 Monaten Hausarrest am 3. März aus London in seine Heimat zurückgekehrt. Nach einem Regierungsbericht sind während des Militärregimes insgesamt 3191 Menschen umgekommen oder verschwunden.

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