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Beschneidungsdebatte: Zentralrat der Juden geht auf Distanz zu Israel

Einmischung in Beschneidungsdebatte beklagt

Es sind deutliche Worte. Und das passt zu Stephan J. Kramer, der bekannt dafür ist, kaum einen Konflikt zu scheuen – egal, wer der Gegner ist. Jetzt bekommen Israels Regierung und einer der beiden Oberrabbiner des jüdischen Staates den Unmut des Generalsekretärs des Zentralrats der Juden zu spüren.

Auf der Titelseite der aktuellen Ausgabe der „Jüdischen Allgemeinen“ beschwert sich Kramer über „paternalistische“ Einmischungen aus Israel – und das bei einem derart sensiblen Thema wie der Beschneidungsdebatte. So sei die „unabgestimmte Intervention“ von Israels aschkenasischem Oberrabbiner Jona Metzger in Berlin „inhaltlich völlig kontraproduktiv“, moniert Kramer.

Metzger hatte gefordert, dass deutsche Ärzte jüdische Beschneider für ihre Arbeit ausbilden sollten, und betont, der Einsatz schmerzstillender Mittel widerspreche religiösen Geboten. Diese Ausführungen gehen laut Kramer an der deutsch-jüdischen Realität weit vorbei. „Weder ist es nötig, Mohalim (Beschneider) durch deutsche Ärzte ausbilden zu lassen, noch lehnen die Gemeinden und Eltern in Deutschland schmerzstillende Mittel rundweg ab“, betont der Generalsekretär. Ohnehin seien die „legitimen, demokratisch gewählten Vertreter der jüdischen Gemeinschaft vor dieser Reise weder konsultiert noch benachrichtigt“ worden. Der Zentralrat habe erst aus den Medien von „Metzgers Mission“ erfahren. Selbst die beiden Rabbinerkonferenzen hätten im Vorfeld nichts gewusst.

Doch Kramer greift nicht nur Israels Oberrabiner an, sondern auch Mitglieder der Regierung von Benjamin Netanjahu. So habe sich Innenminister Eli Yishai „bemüßigt“ gefühlt, Kanzlerin Angela Merkel in einem Brief aufzufordern, sie möge der „Kriminalisierung der Beschneidung“ Einhalt gebieten. „War dem Minister der ultraorthodoxen Schas-Partei bekannt, dass sich die Bundeskanzlerin (...) klipp und klar für das Recht auf religiöse Beschneidung in Deutschland einsetzt?“

Vor kurzem hatte bereits Zentralratspräsident Dieter Graumann den Brief des Ministers und vor allem die Ratschläge des Oberrabiners in einem Schreiben an den israelischen Botschafter kritisiert. Es handele sich um einen „beispiellosen Akt der Einmischung in die religiösen und politischen Angelegenheiten einer unabhängigen jüdischen Gemeinde“.

Und Kramer legt in seinem Beitrag nach. „In Deutschland praktiziert die jüdische Gemeinschaft einen ausgewogenen Pluralismus. Das ist nicht immer einfach, doch können wir den Import von Monopolansprüchen und Belehrungen (...) nicht nur nicht gebrauchen. Derartige Einmischungen schaden vielmehr den Interessen der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland.“ Deutliche Worte. (Tsp)

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