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Blitzbesuch. Außenminister Guido Westerwelle (rechts) und Entwicklungsminister Dirk Niebel flogen am Montag von Malta aus in einer Transall-Maschine der Bundeswehr in die von den libyschen Rebellen kontrollierte Stadt Bengasi.

© dpa

Besuch in Libyen: Westerwelle und Niebel mit Scheckheft im Gepäck

Bei ihrem Besuch in Bengasi skizzieren Guido Westerwelle und Dirk Niebel Deutschlands Hilfe in Libyen - und machen diplomatischen Boden gut.

Berlin - „Endspiel“ – das war das politische Stichwort, das ein Vertrauter von US-Außenministerin Hillary Clinton am vergangenen Donnerstag vor den Beratungen der Libyen-Kontaktgruppe gegeben hatte. Gemeint war damit eine Strategie zur Beendigung der Nato-Kampfeinsätze gegen das Regime in Tripolis und für die Zukunft des nordafrikanischen Landes, am besten ohne Machthaber Muammar al Gaddafi. Dass das „Endspiel“ in Libyen tatsächlich näher rückt, machten am Montag Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) und Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) mit ihrem überraschenden Blitzbesuch in Bengasi deutlich. Bis zum Beginn dieser Woche hatten Vertreter der Bundesregierung eine Visite in der Rebellenhochburg im Osten Libyens gescheut.

Mit dem Besuch bei den Aufständischen in Bengasi machten Westerwelle und Niebel diplomatischen Boden gut, den die Bundesregierung spätestens seit ihrer Enthaltung bei der Abstimmung über den Libyeneinsatz am 17. März im UN-Sicherheitsrat verloren hatte. Damals hatte Berlin – anders als die traditionellen Verbündeten USA, Frankreich und Großbritannien – eine Zustimmung zu Luftschlägen in Libyen verweigert und anschließend international heftige Kritik für das Abstimmungsverhalten einstecken müssen. Zwar versuchte Westerwelle anschließend die Scharte wieder auszuwetzen, indem er sich mit libyschen Oppositionsvertretern traf. So kam es mehrmals zu Begegnungen mit dem Pendant des Außenministers im Nationalen Übergangsrat, Mahmud Dschibril, etwa am Rande einer Konferenz der Libyen-Kontaktgruppe Ende März in London. Der Besuch des Außen- und Entwicklungsministers in Bengasi zeigt nun aber, dass die Stunde für das geplante und von den Nato-Bündnispartnern geforderte deutsche Engagement beim Wiederaufbau des nordafrikanischen Landes demnächst schlagen dürfte.

Deutschland beteiligt sich zwar auch weiterhin nicht am Militäreinsatz in Libyen. Dafür hat Berlin bislang 7,5 Millionen Euro an humanitärer Soforthilfe für das Land geleistet, wie es am Montag in einer Erklärung des Auswärtigen Amtes und des Entwicklungsministeriums hieß. Die Summe soll nun um bis zu acht Millionen Euro aufgestockt werden. So kündigte Niebel an, dass sein Ministerium bis zu sieben Millionen Euro für Maßnahmen der Not- und Übergangshilfe zur Verfügung stellen werde. Ein Erkundungsteam der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) halte sich derzeit in Bengasi auf, um im Auftrag des Entwicklungsministeriums zu klären, wie der Bevölkerung geholfen werden könnte – unter anderem bei der Wiederherstellung der Trinkwasser- und Elektrizitätsversorgung. Auch soll erkundet werden, inwieweit Deutschland einen Beitrag bei der Versorgung von Flüchtlingen und der Betreuung von Kriegsopfern leisten kann. Das Auswärtige Amt beteiligt sich mit einem zusätzlichen Betrag von einer Million Euro an der Libyenhilfe; die Summe soll unter anderem für medizinische Hilfsgüter ausgegeben werden und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zugute kommen.

Mit ihrem Besuch in Bengasi zogen Westerwelle und Niebel auch einen Schlussstrich unter die deutsch-französischen Verstimmungen im Fall Libyen. Bereits Anfang März hatte Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy als Erster die Regierung der Aufständischen in Bengasi anerkannt. Die Bundesregierung hatte den Schritt seinerzeit mit dem Hinweis abgelehnt, man könne nur Staaten anerkennen, aber keine Regierungen. Deshalb habe auch Sarkozys Schritt aus völkerrechtlicher Sicht „keine Relevanz“, hieß es seinerzeit aus der Bundesregierung.

Im Grundsatz hält man in Berlin offenbar auch weiter an dieser Sichtweise fest. Faktisch gilt für die Bundesregierung der Nationale Übergangsrat in Bengasi aber schon jetzt als entscheidender Ansprechpartner in Libyen. So bezeichnete Westerwelle den Übergangsrat am Montag als „die legitime Vertretung des libyschen Volkes“ – deshalb kommt es nun auch zu einer Intensivierung der Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den Aufständischen im Osten des nordafrikanischen Landes.

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