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Politik: Beweise unter Verschluss

Niederländisches Gericht muss angebliche Terroristen freisprechen

Mit einem Fiasko endete am Donnerstag in Rotterdam ein Aufsehen erregender Prozess gegen insgesamt zwölf Angeklagte, die der Mitgliedschaft bei der Terrororganisation Al Qaida beschuldigt worden waren. Alle wurden vom Hauptvorwurf freigesprochen, nur zwei wegen Urkundenfälschung zu kurzen Freiheitsstrafen verurteilt. Bereits 2002 hatte ein Gericht – ebenfalls in Rotterdam – vier Männer freigesprochen, nachdem es Geheimdienstinformationen nicht als Beweis vor Gericht zugelassen hatte. Die zwölf gehören zu extremistischen Moslemkreisen um die Al-Fourquan-Moschee in Eindhoven.

Vorausgegangen war ein zum Teil bizarrer Prozess. Er stützte sich weitgehend auf Abhörmaterial und Analysen des Geheimdienstes, deren Wahrheitsgehalt aber nicht vom Gericht überprüft werden konnte – der Geheimdienst verweigerte jede Auskunft über seine Arbeitsmethoden und das Zustandekommen des Materials. Doch auch die polizeilichen Ermittlungen ließen stark zu wünschen übrig: Polizisten, die als Zeugen aussagten, verwickelten sich in Widersprüche, einer ließ sich durch die Fragen der Richter so verwirren, dass er gar nichts mehr sagen konnte.

Offensichtlich hatte die Polizei die Angeklagten als weit wichtiger und gefährlicher eingestuft, als es das Beweismaterial zuließ. „Die Polizei hat sich bemüht, aber bei den Bemühungen ist es geblieben“, konstatierte der Staatsanwalt nüchtern. Er selbst halte die Vorwürfe der Polizei, die Angeklagten hätten fünf durchorganisierte Terrorzellen gebildet, für übertrieben: „Allenfalls von einem losen Zusammenhang kann gesprochen werden."

Auch juristisch stand die Anklage auf tönernen Füßen. So musste der Staatsanwalt eine Stunde lang darlegen, dass sich die Niederlande im Kriegszustand mit Al Qaida befunden hatten. Dies war nötig, um einen Paragraphen über „Hilfe an einen Feind der Niederlande" anwenden zu können, der ursprünglich gegen Agenten der deutschen Besatzer im Zweiten Weltkrieg gerichtet war. Das Anwerben für ausländische Truppen allein ist nach niederländischem Recht nicht strafbar.

Insider behaupten, der Ausgang der Al-Qaida-Prozesse komme dem Justizministerium nicht ungelegen. Es plant eine Anpassung des Strafrechts an terroristische Tatbestände – was nun, angesichts des offensichtlichen Mangels an juristischen Grundlagen zur Terrorbekämpfung in der Öffentlichkeit auf mehr Verständnis stoßen kann.

Klaus Bachmann[Rotterdam]

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