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Bilanz: G-8-Gipfel: Nur keine Witze

Fortschritte beim Klimaschutz, zusätzliche Milliarden für Hungerhilfe, friedliche Bilder aus dem Erdbebengebiet und ein Händeschütteln von Obama und Gaddafi: Was hat der G-8-Gipfel gebracht?

Es ist eine nette Ironie der Geschichte. Alle Staats- und Regierungschefs, die zum G-8-Gipfel nach L’Aquila gekommen sind, haben ihre Frauen mitgebracht. Die machen am Rande des Geschehens überall eine blendende Figur. Nur Gastgeber Silvio Berlusconi steht einsam auf der Bühne. Ausgerechnet er, der Frauenheld, dessen Affären die Zeitungen seit Monaten füllen.

Italiens Ministerpräsident könnte sich damit trösten, dass auch Kanzlerin Angela Merkel, wie üblich, ohne Ehemann angereist ist. Doch Berlusconi braucht keinen Trost. Er hat in den drei Tagen vor allem eines erfahren: die Anerkennung der Mächtigen. Von Barack Obama gab es gleich mehrfach Lob. Berlusconi sei ein exzellenter Gastgeber, sagte der US-Präsident, eine starke Führungsfigur. Die Frauengeschichten, so heißt es aus Delegationskreisen, hätten keine Rolle gespielt. Berlusconi habe sich als sachorientierter Diskussionsleiter und effizienter Gipfelorganisator empfohlen. Sogar auf seine berüchtigten Witze habe er verzichtet.

Es war Berlusconis dritter G-8-Gipfel. Der erste – 1994 in Neapel – verlief ruhig, aber den an Ort und Stelle folgenden UN-Gipfel zur Organisierten Kriminalität ruinierte die Staatsanwaltschaft, als sie Berlusconi auf offener Bühne mitteilte, gegen ihn werde wegen Bestechung ermittelt; kurz darauf brach Berlusconis Regierung zusammen. Berlusconis zweiter G-8-Gipfel – 2001 in Genua – ist vor allem wegen der gewalttätigen Ausschreitungen und der Polizeibrutalität gegen friedliche Demonstranten in Erinnerung geblieben.

Den Gipfel von L’Aquila ging Berlusconi extrem nervös an. Doch nach drei Gipfeltagen herrscht eitel Sonnenschein um Berlusconi. Die Erde von L’Aquila hat zwar häufig, aber nur leicht gebebt, die Delegationen waren trotz der engen, spartanischen Wohnbedingungen in der Kaserne zufrieden. Die wenigen Demonstranten verzichteten auf Ausschreitungen. Die G-8-Runde der führenden Industriestaaten ist erfolgreich und „dauerhaft“ um sechs Schwellenländer erweitert und damit repräsentativer für die globalisierte Wirtschaft geworden. Was für den Klimaschutz und die Doha-Welthandelsrunde versprochen worden ist, lässt sich als Erfolg zumindest darstellen. Und am Ende zeigte das große Afrika-Spektakel wenigstens guten Willen.

Zum ersten Mal durfte der lange geächtete libysche Präsident Muammar al Gaddafi mit den G 8 an einem Tisch sitzen. Als Vorsitzender der Afrikanischen Union war er zum Gipfel geladen worden. Große Beiträge Gaddafis sind zwar nicht überliefert, aber er drückte erstmals seit Jahrzehnten einem US-Präsidenten die Hand. Obama blickte dafür höflich und freundlich in die Kameras, verkniff sich aber ein Lächeln. Das war im April, als er einem anderen erklärten Feind der USA die Hand geschüttelt hatte, dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez, nämlich bitter kommentiert worden.

Die G 8 haben einen neuen Fond gegen den Hunger aufgelegt, über den in den kommenden drei Jahren 30 Milliarden Dollar (14,4 Milliarden Euro) in eine nachhaltige Landwirtschaft in Afrika fließen sollen. Die USA und Japan haben dafür bereits rund die Hälfte der Mittel zugesagt. Zudem haben sie ihre Finanzzusagen, die sie seit dem G-8-Gipfel in Gleneagles 2005 jährlich bestätigt haben, erneut bekräftigt. Allerdings ist kaum einer der G-8-Staaten bisher auch nur annähernd seinen Zusagen nahegekommen. Was allerdings nicht nur daran liegt, dass sie eben einfach nicht zahlen. Es ist auch nicht ganz einfach, das Geld in Afrika vernünftig auszugeben. Und korrupte Regime einfach mit Geld zu überschütten, dürfte den Steuerzahlern daheim auch schwer zu erklären sein. Ute Hausmann von der Anti-Hunger- Lobby Fian sagte mit Blick auf den in L’Aquila vorgelegten Rechenschaftsbericht der G 8, nur vier Milliarden der 13 Milliarden Dollar, die nach G-8-Angaben seit Januar 2008 für die Ernährungssicherung ausgegeben worden seien, seien auch „inhaltlich zugeordnet“. Es bleibe völlig offen, „in welche Bereiche die restlichen zwei Drittel der Gelder geflossen sind“. Dagegen prangerte Kumi Naidoo von der Organisation „ Global Action Against Poverty“ die mangelnde Zahlungsbereitschaft der G 8 an und sieht darin einen „unterschwelligen Rassismus“, schließlich handele es sich bei den Notleidenden um Schwarze.

Beim Klimaschutz dagegen loben alle Teilnehmer, dass es zum ersten Mal eine Einigung auf das Zwei-Grad-Ziel gegeben hat, und zwar nicht nur der G 8 sondern auch der Schwellenländer. Zum einen erkennen nun alle an, dass die globale Erwärmung unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit gehalten werden muss. Zum anderen haben sich die G 8 verpflichtet, bis 2050 ihre Treibhausgasemissionen um 80 Prozent zu senken, wenn auch unklar bleibt, an welchem Jahr sich das messen soll. Aber im gemeinsamen Text mit den Schwellenländern findet sich die Formulierung, dass die mittelfristigen Ziele, auf die sich der Gipfel nicht hat einigen können, „in Übereinstimmung mit den langfristigen Verpflichtungen“ stehen müssen. Und die Schwellenländer erkennen an, dass sie wesentlich unter den bisherigen Emissionspfad kommen müssen, obwohl ihre Prioritäten auch weiterhin Entwicklung und Armutsbekämpfung bleiben sollen. Bis zum G-20-Gipfel im September in Pittsburgh sollen dann auch Vorschläge zur Finanzierung des Ganzen vorliegen, verlangt der künftige Gastgeber Barack Obama.

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