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Bildung: Streit um kostenlosen Kita-Besuch

Der Berliner Vorschlag, den Kita-Besuch grundsätzlich kostenlos zu machen, stößt in anderen Bundesländern auf massive Kritik. Berlins Finanzsenator Sarrazin dagegen verteidigt das Vorhaben.

Berlin - Kurz vor der Abgeordnetenhauswahl präsentierte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit den Plan für einen generell kostenlosen Kita-Besuch. Der nordrhein-westfälische Finanzminister Helmut Linssen und Niedersachsens Kultusminister Bernd Busemann (beide CDU) äußerten sich im Tagesspiegel empört und stellen zugleich die finanziellen Forderungen der Hauptstadt an den Bund und die anderen Länder in Frage. Dagegen verteidigte Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) den Vorstoß. Nach den bisherigen Plänen der rot-roten Koalition soll ab Anfang 2007 nur das dritte Kitajahr beitragsfrei sein.

Er halte den Vorschlag "für einen Skandal", sagte Linssen dem Tagesspiegel. Er fügte hinzu: "Berlin beklagt vor dem Bundesverfassungsgericht das finanzielle Ende und kündigt gleichzeitig Wohltaten an, die sich selbst finanzstarke Länder nicht leisten können." Busemann sagte dem Blatt, Niedersachsen halte kostenlose Betreuung für wünschenswert, beginnend mit zunächst einem Kitajahr. "Aber man kann nur umsetzen, was man sich auch leisten kann. Wowereits Ankündigung nannte er "Wahlkampfgeklingel". Busemann weiter: "Wenn das Land Berlin sich das wirklich leisten kann, müsste ab sofort Schluss sein mit Bedarfszuweisungen durch den Bund."

Berlins Finanzsenator verteidigt kostenlose Kitas

Dagegen betonte der wegen seiner strikten Sparpolitik bekannte Berliner Finanzsenator Sarrazin, "die Tendenz zu beitragsfreier Vorschulerziehung besteht bundesweit und sie ist richtig". Die konkreten Schritte würden "selbstverständlich in die finanziellen Möglichkeiten des Landes eingepasst und haben die Beseitigung der Haushaltsnotlage zur Voraussetzung". Auch Senatssprecher Michael Donnermeyer rechtfertigte den Vorstoß als "wohl überlegt und bildungspolitisch notwendig". Das Thema sei schon lange in der bildungspolitischen Diskussion. Wenn Reformbedarf bei der frühkindlichen Erziehung bestehe, müsse etwas getan werden. Berlin reagiere nur etwas schneller als andere Länder. Einen Widerspruch zur Klage der hoch verschuldeten Hauptstadt auf Sanierungshilfen des Bundes und der Länder sieht der Sprecher nicht. Auch Karlsruhe habe anerkannt, dass der Staat handlungsfähig bleiben müsse.

Der Vorschlag, der auch vom CDU-Spitzenkandidaten Friedbert Pflüger geteilt wird, muss "natürlich im Einklang mit der Haushaltskonsolidierung stehen", sagte Donnermeyer. Die Mittel müssten an anderer Stelle eingespart oder durch höhere Einnahmen aufgebracht werden. Die Entscheidung über die Finanzierung falle in den Koalitionsverhandlungen nach der Wahl am 17. September.

Gute Erfahrungen im Saarland

Nach einem Bericht des Tagesspiegel sprechen die Erfahrungen im CDU-regierten Saarland für die Gebührenfreiheit bei Kitas. Seit Einführung eines kostenfreien letzten Kitajahres im Jahr 2000 sei dort der Anteil der ausschließlich zu Hause betreuten Kinder von 4,7 auf 1,5 Prozent gesunken. Unter den Migranten-Familien sei er von 6,1 auf 3,7 Prozent zurückgegangen. Das Saarland verzichtet dem Bericht zufolge jedoch pro Jahr auf Einnahmen von rund 7,5 Millionen Euro und habe sich deshalb von seinen Plänen für einen generell kostenfreien Kita-Besuch verabschiedet. (tso/ddp)

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