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Bildungspolitik: Länder wollen an Schavans Millionenpakete

In der Debatte um die Bund-Länder-Kooperation bei den Schulen geht es vor allem ums Geld. Viele fordern nach den jüngsten Pisa-Ergebnissen mehr Einfluss des Bundes und ein Ende des Kooperationsverbots.

Berlin - Es ist ein etwas polemischer Begriff: Kooperationsverbot. Denn im Grundgesetz steht er nicht. Dort ist seit der Föderalismusreform 2006 nur geregelt, dass der Bund den Ländern Finanzhilfen nur dort geben kann, wo er selber auch eine eigene Gesetzgebungszuständigkeit hat. In der Schulpolitik hat er diese nicht – er hat sie auch noch nie gehabt. Denn Schule war und ist Ländersache. Mit der neuen Pisa-Studie zum Können deutscher Schüler im internationalen Vergleich aber beginnt die Debatte wieder, ob das so bleiben soll. Für die SPD fordert deren Fraktionsgeschäftsführer im Bundestag, Thomas Oppermann, ein Ende des Kooperationsverbots und mehr Einfluss des Bundes vor allem für ein „Nationales Ganztagsschulprogramm“. Auch die Grünen wollen das Kooperationsverbot abschaffen, dem DGB hat es nie gepasst. Selbst Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) ist mittlerweile der Überzeugung, das Kooperationsverbot sei eine unnötige Sache gewesen.

Vor vier Jahren haben die Länder – und die Ministerpräsidenten waren sich hier relativ einig – ihre schulpolitische Autonomie tapfer verteidigt, obwohl auch damals schon der bildungspolitische Gegenwind recht heftig war. Denn SPD, Grüne, Linke, teils auch die FDP (und sogar der eine oder andere Christdemokrat) auf Bundesebene mochten diese Klarstellung, dass der Bund sich nicht in die Schulpolitik mischen soll, gar nicht.

Wobei es beim Kooperationsverbot weniger um die reine Fachpolitik geht als um Gestaltungsmacht und schlichte parteipolitische Marketingerwägungen. Denn seit Bildung zum großen Zukunftsthema geworden ist, haben die Strategen in den Parteiführungen das Wahlkampfpotenzial der lange Zeit eher ungeliebten Schulpolitik entdeckt. Schon Gerhard Schröder plante für 2006 einen Bildungswahlkampf auf Bundesebene, und Angela Merkel hat bekanntlich die Bildungsrepublik ausgerufen. Das heißt für SPD wie Union: Der Bund braucht Spielraum, er muss das Thema bei sich haben, um zumindest mit milliardenschweren Förderprogrammen eine übergeordnete Gestaltungsfähigkeit auch hier zu beweisen.

Bei ihrem Wunsch nach einer Bundesbildungspolitik ist den Parteiführungen freilich die Länderautonomie in der Schulpolitik im Weg. Und deshalb, so der verbreitete Wunsch in Berlin, soll das Kooperationsverbot fallen. Allerdings ist der Widerstand dagegen in den Ländern noch immer stark. Jedenfalls in der Union, wie die Kanzlerin bei mindestens zwei „Bildungsgipfeln“ zu spüren bekommen hat. Die schwarzen Ministerpräsidenten waren bislang nicht bereit, ihre Autonomie aufzugeben. Stattdessen haben sie gefordert, dass der Bund – wenn er denn schon eine Unterfinanzierung im Bildungssektor sieht – den Ländern einen größeren Anteil an der Umsatzsteuer lässt, so wie es das Grundgesetz vorsieht. Das Geld soll ihrer Ansicht nach der Zuständigkeit folgen, nicht umgekehrt.

Die SPD-geführten Länder sind mittlerweile offen für mehr Bund-Länder-Kooperation, und auch einige CDU-Kultusminister liebäugeln mit einer Grundgesetzänderung. Der Lockruf des Goldes ist eben verführerisch – und in Schavans Etat liegen jene Millionenpakete, die man gerne für die eigenen Schulen hätte. Schavan kann sie aber derzeit nicht ausgeben, denn sie darf mit den Ländern keine Förderprogramme aushecken – oder es müsste am Grundgesetz vorbei passieren, was auch schon vorgekommen ist.

Vor allem im Süden, wo die Schülerleistungen bisher deutlich über dem Pisa- Schnitt lagen (dieses Mal wohl auch, wobei es keine Länderauswertung gibt) pocht man dagegen auf Eigenständigkeit in der Schulpolitik. „Eine akademische Diskussion über die Aufhebung des so genannten Kooperationsverbots ist nicht die entscheidende Frage für die Bildungspolitik der Zukunft“, sagte der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) dem Tagesspiegel. „Es muss im Moment vor allem darum gehen, dass dort, wo Bund und Länder komplementär Verantwortung tragen, etwa beim Übergang von der Schule in den Beruf, oder bei der Sprachförderung, der Bund seinen Aufgaben auch nachkommt.“ mit U.S.

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