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Das Buch und - im Hintergrund - Autor Heribert Schwan

© Britta Pedersen/dpa

Biograf Heribert Schwan vor Gericht: Richter sehen Helmut Kohl offenbar im Recht

Helmut Kohl klagt gegen die Veröffentlichung von Zitaten aus Gesprächen mit seinem früheren Biografen Heribert Schwan. Das Gericht scheint zugunsten von Kohls Privatsphäre entscheiden zu wollen.

Im Streit um die Verwendung der Tonbandprotokolle von Helmut Kohl deutet sich eine Wende an. Nachdem er in einer ersten Runde vor dem Landgericht Köln verloren hatte, geht Kohl mit seinen Anwälten jetzt gegen Einzelzitate aus dem Buch "Vermächtnis" des Journalisten Heribert Schwan vor. In der mündlichen Verhandlung am Donnerstag ließ die Zivilkammer unter Vorsitz von Richter Martin Koepsel durchblicken, dass nun die Rechte des Altkanzlers stärker betont werden könnten. Koepsel sprach von der "besonderen Situation" in der sich Kohl mit seinem Biografen Schwan befunden hätte. Er hält es für möglich, dass dem Kläger aufgrund der "vertraulichen Atmosphäre" ein "erhöhter Schutz" zukomme. Gleichwohl solle über jedes Zitat im Einzelfall abgewogen und entschieden werden. Ein Urteil soll am 13. November fallen.

Journalist Schwan sieht sich nicht zum Schweigen verpflichtet

Schwan hatte für sein Buch Tonbänder von Gesprächen mit Helmut Kohl verwendet, die ursprünglich für dessen Memoiren genutzt werden sollten. Nach drei Bänden kam es zum Bruch mit dem Journalisten, den Kohl als Ghostwriter beschäftigt hatte. Schwan fühlte sich an seinen Vertrag danach nicht mehr gebunden. Er gibt zudem an, keine Stillschweigevereinbarung unterschrieben zu haben.

Dies hat das Landgericht Köln in seinen ersten Beschlüssen zu der Sache bestätigt, doch nun ist eine andere Kammer am Zug. Die Richter meinen, aus den Verlagsverträgen ergäbe sich eine Schweigepflicht, die trotz Kündigung erhalten bleibe. Sie erkennen offenbar gerade in den drastischen und teils despektierlichen Äußerungen Kohls einen Anhaltspunkt dafür, dass die Worte vom Schutz der Privatsphäre umfasst sein sollen.

"Merkel konnte nicht mit Messer und Gabel umgehen"

So sagte Kohl etwa über Kanzlerin Angela Merkel: "Frau Merkel konnte ja nicht richtig mit Messer und Gabel essen. Sie lungerte bei Staatsessen herum, so dass ich sie mehrfach zur Ordnung rufen musste." Den früheren CDU-Politiker Friedrich Merz nannte er "ein politisches Kleinkind", den früheren Baden-Württenbergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth einen "Schaumschläger" und seinen Ex-Generalsekretär Heiner Geißler "Narr und Rechthaber". Richter Koepsel sagte, es sei fraglich, ob Kohl das so formuliert hätte, wenn ihm damals bewusst gewesen wäre, dass es nach außen dringe.

Der Verlagsjustiziar Rainer Dresen forderte dagegen, das öffentliche Interesse an den Worten Kohls stärker zu gewichten. Er geht davon aus, dass nach den skeptischen Worten der Richter bis zu einem Drittel der über 100 Zitate von einem Verbot betroffen sein könnten. Schwans Anwalt Roger Mann äußerte sich "entsetzt" und betonte, die Richter müssten das Grundrecht der Pressefreiheit berücksichtigen. Einen Vergleich schlossen die Parteien aus. Dass es zu einer Berufung kommt, gilt als sicher.

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