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Birma: Forderungen statt Geld

Die UN-Hilfskonferenz verlangt von Birmas Junta freien Zugang für Helfer - sonst fließen keine Finanzmittel mehr.

Drei Wochen nach dem Wirbelsturm „Nagris“ haben Teilnehmer einer Geberkonferenz in Rangun kaum Geld zusagt. Stattdessen verlangten sie von Birmas Junta erneut, Auslandsexperten ungehindert arbeiten zu lassen. „Die USA sind bereit viel zu tun. Aber Birmas Regierung muss internationale Fachkräfte in die betroffenen Gebiete lassen, damit sie den Bedarf einschätzen können“, sagte die US-Diplomatin Shari Villarosa vor Vertretern von 40 Staaten. „Wir wollen uneingeschränkten Zugang für internationale Hilfskräfte“, forderte der britische Staatssekretär Douglas Alexander.

Nach UN-Angaben hatte Birmas Diktator Than Shwe am Freitag zugesagt, Auslandshelfer im schlimmsten Katastrophengebiet, dem Irrawaddy-Delta, zuzulassen. Dort brauchen laut UN bis zu 2,5 Millionen Überlebende dringend Hilfe. Birmas Junta hält dagegen die Phase der Nothilfe für abgeschlossen, will sich dem Wiederaufbau widmen und schätzt, dass durch den Sturm ein materieller Schaden von mehr als zehn Milliarden US-Dollar entstand. China versprach zehn Millionen US-Dollar, ansonsten sagte bislang offenbar niemand Birmas Junta finanzielle Wiederaufbauhilfe zu. „Infrastruktur muss wieder aufgebaut werden. Aber das kann heute nicht unsere Hauptsorge sein“, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, „wir müssen uns auf die aktuelle Aufgabe konzentrieren: Leben retten. Nothilfe wird noch mindestens sechs Monate lang laufen, wir müssen uns um diejenigen kümmern, die alles verloren haben.“ Die UN baten bei der Geberkonferenz um 201 Millionen Dollar für Nothilfe, bekamen nach eigenen Angaben aber nur Zusagen über die Hälfte des Betrags. Beim Tsunami von 2004 hatten Staaten aus aller Welt zwei Wochen nach der Katastrophe bei einer Geberkonferenz in Indonesien mehr als eine Milliarde US-Dollar zugesagt.

Als erste Auslandshelfer konnten deutsche Mitarbeiter des Technischen Hilfswerkes (THW) am Wochenende in Birmas Irrawaddy-Delta reisen. Sie brachten Wasseraufbereitungsanlagen. „Das ist ein echter Durchbruch“, sagte Gernot Erler, Staatsminister im Auswärtigen Amt. Andere Auslandshilfe bleibt blockiert. Marineschiffe aus Frankreich, Großbritannien und den USA liegen weiterhin mit mehreren Tausend Tonnen Hilfsgütern in der Nähe des Irrawaddy-Deltas und dürfen nicht in birmanisches Gewässer. „Für General Shwe ist ihre Präsenz eine Provokation. Er spricht von Kriegsschiffen und sieht keine humanitäre Geste sondern einen feindlichen Akt“, sagte ein UN-Mitarbeiter, der bei einem Treffen von Birmas Diktator Shwe und UN-Chef Ki Moon anwesend war.

Am Samstag war in Birmas Katastrophengebieten das dort verschobene Verfassungsreferendum nachgeholt worden. Die Stimmen sind nicht mehr relevant, weil sich am 10. Mai im Rest des Landes nach Junta-Angaben bereits genug Bürger für das neue Grundgesetz entschieden hatten. Es sieht eine „disziplinierte“ Demokratie vor, garantiert Soldaten ein Viertel der Parlamentssitze und schließt Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi als Präsidentin aus. Zur Annahme sind eine Wahlbeteiligung von mehr als 50 Prozent und mehr als 50 Prozent Zustimmung nötig.

Nach offiziellen Angaben waren am 10. Mai 22 496 660 von 22 708 434 Wahlberechtigten erschienen. Die Junta behauptet, 92,4 Prozent hätten zugestimmt. Das Regime ließ keine Wahlbeobachter zu und zählte die Stimmen selbst aus. Suu Kyi und ihre demokratische NLD-Partei hatten zur Ablehnung der Verfassung aufgerufen und nach der ersten Wahlrunde von Betrug gesprochen. „Dieses Referendum reflektiert nicht den Willen des Volkes“, sagte NLD-Sprecher Nyan Win. „Die Junta macht was sie will. Wir wussten schon vorher, dass sie mehr als 90 Prozent Zustimmung verkünden würde“, sagte der Demokratieaktivist Tun Myint Aung. „Das Referendum wurde erfolgreich durchgeführt“, meldeten Birmas Staatsmedien nach dem zweiten Wahlgang. Das Gesamtergebnis liegt noch nicht vor. „Man gab mir einen Stimmzettel, auf dem schon ,Ja’ angekreuzt war und sagte mir, dass schon alles erledigt sei“, sagte ein Wähler aus Rangun dem regimekritischen Online-Magazin Mizzima News, das Quellen in Birma hat und im Exil publiziert.

Die unter Hausarrest stehende Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi wurde von Junta-Vertretern besucht, welche ihre Stimme entgegennahmen. Suu Kyi hat 12 der vergangenen 18 Jahre in Gefangenschaft verbracht. Ihr Hausarrest lief am Wochenende aus. Die Junta hatte den Arrest seit 2003 jährlich verlängert. Das ist dieses Mal eigentlich nicht mehr möglich, weil Bürger Birmas nach nationalem Recht höchstens fünf Jahre lang ohne Anklage gefangen gehalten werden dürfen.

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