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Politik: Blair gegen alle

Der britische Premier bereitet unbeirrt den Krieg vor – obwohl selbst in der eigenen Partei die Stimmung kippt

Tony Blair bleibt dabei: „Wenn der Irak gegen UN-Resolutionen verstößt, wird eine Aktion folgen“, sagte der britische Premier am Montag in einer Pressekonferenz. Der wachsende Widerstand an seinem Irak-Kurs im eigenen Land scheint an ihm abzuprallen. In der monatlichen Fernseh-Pressekonferenz weigerte sich Blair erneut, einen Krieg gegen den Irak auszuschließen – selbst für den Fall, dass der UN-Sicherheitsrat keine neue Resolution verabschieden sollte. Die Zeichen stehen also weiter auf eine substanzielle britische Beteiligung an einem Krieg im Februar oder März, doch der Premierminister läuft Gefahr, den Kampf um die öffentliche Meinung zu verlieren.

Die britischen Kriegsvorbereitungen laufen auf Hochtouren. Eine britische Flotte von 16 Schiffen ist unterwegs zum Golf, schon Ende dieser Woche könnte der Aufmarsch von bis zu 20 000 Infanteristen bekannt gegeben werden. Nach einem Bericht der „Times“ könnten insgesamt bis zu 30 000 Soldaten für den Einsatz mobilisiert werden.

Der Widerstand gegen diesen Kurs macht mittlerweile auch vor dem Kabinettstisch nicht mehr halt. Entwicklungsministerin Clare Short, die prominenteste Sprecherin eines Rebellenheers von rund 150 Labour-Abgeordneten, forderte die Briten am Sonntag zur offenen Rebellion auf: „Ich glaube, alle Briten haben die Pflicht, unser Land fest auf dem UN-Kurs zu halten, damit wir die USA daran hindern können, vielleicht zu früh in den Krieg zu ziehen, und damit die Welt einig bleibt", sagte sie in einem Fernsehinterview. Damit traf sie Beobachtern zufolge genau die Stimmung der Briten und die in Blairs eigener Partei.

58 Prozent der Briten glauben nach der jüngsten Umfrage nicht, dass die Bedrohung durch Saddam Hussein einen Krieg rechtfertigt. Nur 13 Prozent würden einen Krieg ohne UN-Genehmigung gutheißen – im Dezember waren es noch fast doppelt so viel. „Die Argumente für einen Krieg wurden den Briten noch gar nicht präsentiert", sagte der Parteichef der britischen Liberaldemokraten, Charles Kennedy, Anführer der offiziellen Opposition gegen den Blair-Kurs. Angesichts dieses Drucks musste Blair seinen monatlichen Fernsehauftritt dazu nutzen, der eigenen Partei und der Bevölkerung seine Strategie klar und deutlich zu erläutern.

Blair widersetzte sich in seiner Pressekonferenz den Forderungen, sich klar gegen eine britische Kriegsbeteiligung ohne den Segen der UN auszusprechen. Seine Strategie lautet vielmehr, diese Option ausdrücklich offen zu halten. Würde man die Unterstützung für einen amerikanischen Alleingang ausschließen, so das Argument, würde nur Saddam Hussein profitieren. Downing Street unterstrich in den letzten Tagen allerdings auch, man werde nichts überstürzen. Britische Diplomaten erklärten, die Arbeit der UN-Waffeninspekteure müsse über den 27. Januar hinausgehen, den Tag, an dem diese ihren nächsten Bericht vorlegen.

Blair steckt in einer Legitimationskrise. Die innenpolitische Unzufriedenheit der Briten wächst, die Steuern steigen und das Wirtschaftswunder verliert an Glanz. Immer häufiger wird der Vergleich mit der Suez-Krise 1956 gezogen. Damals zog Premier Anthony Eden ohne Unterstützung der Öffentlichkeit in das letzte imperialistische Abenteuer der Briten – und verlor prompt seinen Job.

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