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Politik: Bosnien-Krieg: Einem Nackten in die Tasche gelangt (Kommentar)

"Die Nürnberger henken keinen, sie hätten ihn denn" - Schillers Einsicht in den "Räubern" bestätigt sich beim Schadensersatzprozess gegen den bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic in New York gleich doppelt. Erstens haben die Nürnberger - sprich: die USA - den Kriegsverbrecher nicht.

"Die Nürnberger henken keinen, sie hätten ihn denn" - Schillers Einsicht in den "Räubern" bestätigt sich beim Schadensersatzprozess gegen den bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic in New York gleich doppelt. Erstens haben die Nürnberger - sprich: die USA - den Kriegsverbrecher nicht. Und wenn sie seiner habhaft würden, könnten sie ihn zwar hinter Gitter bringen; die 1,5 Milliarden Mark aber, die das Geschworenengericht den vergewaltigten Frauen zugesprochen hat, werden die Opfer wohl nie bekommen. Karadzic hat am Krieg kräftig verdient, doch so viel besitzt er nicht. Dennoch ist der Prozess nicht sinnlos: weil die Opfer noch einmal Gehör finden mit ihrem Leid. Auch das gibt ihnen Würde zurück. Moralisch und politisch ist gegen das Verfahren nichts einzuwenden. Eine Frage bleibt allerdings: Wenn die USA solche Prozesse erlauben, obwohl weder die Klagenden noch der Beklagte US-Bürger sind, warum sträuben sie sich dann gegen einen ständigen Internationalen Strafgerichtshof, der für alle Kriegsverbrechen zuständig ist? Sie halten es für unzumutbar, dass amerikanische Soldaten und ihre Befehlshaber sich jemals vor nicht-amerikanischen Instanzen verantworten müssen. Das mindert die Überzeugungskraft des Verfahrens gegen Karadzic. cvm

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