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Politik: Brücke zu

Ich habe diesen so denkwürdigen Abend nicht mehr genau in Erinnerung – zu turbulent waren die folgenden, sich überstürzenden Ereignisse. Ich weiß aber noch, dass wir in einer Runde zusammensaßen und eine große Kundgebung für den 15.

Ich habe diesen so denkwürdigen Abend nicht mehr genau in Erinnerung – zu turbulent waren die folgenden, sich überstürzenden Ereignisse. Ich weiß aber noch, dass wir in einer Runde zusammensaßen und eine große Kundgebung für den 15. November im Babelsberger Fußballstadion vorbereiteten. Wir hatten es bereits gemietet, die Defa wollte Scheinwerfer stellen, wir erwarteten 10 000 Teilnehmer. Als die Nachricht von der Öffnung der Grenze kam, sagte einer plötzlich: „Damit hätten sie nun auch noch eine Woche warten können. Jetzt kommt doch keiner mehr zu unserer Kundgebung.“

Es kamen übrigens trotzdem noch drei bis viertausend. Ich weiß auch noch, dass ich am späten Abend des 9.November mit Freunden zur Glienicker Brücke gefahren bin. Wir erhielten dort prompt von Grenzern die Auskunft: „Das können Sie vergessen: Diese Brücke wird niemals offen sein. Es ist ein Grenzübergang der Alliierten.“ Das „niemals“ dauerte dann nur noch einen Tag. Am nächsten Abend fuhren wir gegen 19 Uhr über eben diese Glienicker Brücke nach Westberlin. Ich war zum ersten Mal im „Westen“ – und habe natürlich gleich gefragt, wo es zum Kudamm geht. Allgemeines Gelächter. Gefeiert haben wir die Nacht in Wannsee. Fotos: Ullstein, Mike Wolff

Matthias Platzeck war 1989 Umwelthygiene-Abteilungsleiter in Potsdam und Bürgerrechtler. Heute ist er Ministerpräsident in Brandenburg.

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