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Politik: Brüssel rügt Schwerin

EU-Kommission wirft Regierungschef Ringstorff eigenmächtige Umverteilung von Strukturfonds vor

Von Matthias Schlegel

Berlin - Mecklenburg-Vorpommern streitet mit der EU-Kommission. Die Brüsseler Behörde hat Regierungschef Harald Ringstorff (SPD) deutlich zu verstehen gegeben, dass sie für den eigenmächtigen Umgang der Schweriner Landesregierung mit EU-Geldern kein Verständnis hat. Vorige Woche hatte das Landeskabinett eine Neuaufteilung der EU-Strukturfonds beschlossen, aus denen von 2007 bis 2013 fast 2,6 Millionen Euro in das nordöstliche Bundesland fließen. Waren bisher 67 Prozent für den Efre-Fonds, die Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur, verwendet worden, sollen das künftig deutlich mehr, nämlich 75 Prozent sein. Dafür wurde der Anteil für den ESF, die Sozialförderung, von 33 auf 25 Prozent gekürzt. Ringstorff begründete diese Maßnahme, die die Handschrift des neuen Koalitionspartners CDU trägt, mit der „Verbreiterung der wirtschaftlichen Basis sowie der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen auf dem ersten Arbeitsmarkt“. Im Klartext: Mehr Fördermittel für Unternehmen, weniger für die Qualifizierung und die soziale Abfederung Arbeitsloser und schwer Vermittelbarer.

Ringstorff erhielt umgehend Post aus Brüssel. Der „strategische Ansatz für die Strukturförderung in Ihrem Lande ist für uns nach Ihrer neuesten Entscheidung kaum noch nachvollziehbar“, heißt es in einem Schreiben der Generaldirektion Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit der EU-Kommission. Schließlich stehe das Land „bei allen wesentlichen Indikatoren für die Humanressourcen“ zumeist auf den hintersten Plätzen im Vergleich der Bundesländer. So habe Mecklenburg-Vorpommern die geringste Quote an Abiturienten und Studenten, das geringste Qualifikationsniveau in den Unternehmen und die höchste Zahl von Schülern ohne Abschluss. Der Regierungschef möge doch bitte die Landesstrategie für die Strukturförderung überprüfen.

Mitte der Woche bereits hätte Ringstorff Gelegenheit gehabt, seine Sicht in Brüssel darzulegen, denn er weihte dort das grundlegend sanierte Informationsbüro Mecklenburg-Vorpommerns ein. Das Thema Strukturfonds sei bei dem Empfang aber nur am Rande in einem Gespräch mit der stellvertretenden Generaldirektorin der zuständigen EU-Behörde gestreift worden, sagte Regierungssprecherin Marion Zinke. In Brüssel werde das Thema „längst nicht so aufgeregt gesehen“, sagte sie. Die Landesregierung werde nun nachholen, was sie vor der Umverteilung der Gelder hätte tun müssen: An die EU-Kommission werde „in den nächsten Tagen und Wochen“ eine detaillierte und fundierte Begründung der Schweriner Förderpolitik eingereicht.

Die bis September 2006 mitregierende PDS kritisiert, dass die Regierung „die vorbildliche und von der Europäischen Kommission anerkannte Arbeitsmarktpolitik der letzten Jahre“ aufgebe. Eine von Rot- Rot geplante Aufteilung der Strukturfonds im Verhältnis von 70 zu 30 Prozent sei bereits mit der EU-Kommission abgestimmt gewesen, sagte Fraktionschef Wolfgang Methling. Nun fürchten die Linken, dass die rot-roten Projekte wie Qualifizierungsprogramme, Beschäftigungsgesellschaften oder die Existenzgründerkampagne „Einfach anfangen“ einfach wieder aufhören.

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