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Brutale Haftbedingungen: Türkischer Häftling stirbt durch Folter

Ein Häftling wird zu Tode gefoltert, kurdischen Kindern droht eine Gefängnisstrafe über 23 Jahre. Berichte über das türkische Justizsystem werfen kein gutes Licht auf den EU-Bewerberstaat.

Erkenntnisse von Gerichtsmedizinern in der Türkei haben Vorwürfe gegen Gefängnisbeamte in Istanbul untermauert, wonach sie einen Untersuchungshäftling zu Tode gefoltert haben sollen. Wie die türkische Presse am Freitag meldete, ergaben die Untersuchungen, dass der Häftling Engin Ceber an der Folterung mit schweren Schlägen gestorben sei. Derzeit befinden sich sechs Justizvollzugsbeamte wegen des Todes von Ceber in Haft. Justizminister Mehmet Ali Sahin hatte sich bei den Angehörigen des Opfers entschuldigt, eine Geste, die in der türkischen Öffentlichkeit als historisch eingestuft wurde.    Ceber war Ende September in Istanbul festgenommen worden, als er eine linksgerichtete Zeitschrift verteilte. Auf der Polizeiwache und später im Untersuchungsgefängnis Metris wurde Ceber nach Angaben von Augenzeugen immer wieder verprügelt und mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen. Nach einer Woche wurde Ceber mit schweren Hirnblutungen in ein Krankenhaus eingeliefert, wo er am 10. Oktober starb. Minister Sahin ließ daraufhin mehrere Beamte vom Dienst suspendieren; gegen sechs erging inzwischen Haftbefehl.    Unterdessen wurden auch in einem Gefängnis in der Stadt Sakarya südöstlich von Istanbul nach Presseberichten fünf Vollzugsbeamte wegen Foltervorwürfen in Haft genommen. Das mutmaßliche Opfer, ein Häftling des Gefängnisses, hatte sich wegen der Misshandlungen an das Justizministerium in Ankara gewandt.

Kinder in Untersuchungshaft
   
Und ein weiterer Fall der Justiz erregt hierzulande die Gemüter: Weil sie bei einer kurdischen Protestdemo Steine und Molotow-Cocktails auf Polizisten warfen, sollen sechs Kinder im Alter zwischen 13 und 15 Jahren für jeweils bis zu 23 Jahre ins Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft im südostanatolischen Diyarbakir erklärte zur Begründung, die Kinder seien sich bewusst gewesen, dass sie Straftaten begingen, wie türkische Zeitungen am Freitag berichteten. Die beschuldigten Kinder sitzen in Untersuchungshaft. Der Prozess, bei dem ihnen unter anderem Straftaten im Auftrag einer Terrororganisation vorgeworfen werden, soll in den kommenden Tagen beginnen.
  
Die Demonstrationen Anfang November waren durch Berichte ausgelöst worden, der inhaftierte Gründer der kurdischen Rebellengruppe PKK, Abdullah Öcalan, sei in seiner Gefängniszelle von türkischen Wärtern misshandelt worden. Zudem richteten sich die Proteste gegen einen Besuch von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in der Kurdenregion. Nach Ansicht der Regierung hatte die in der Türkei und in vielen anderen Staaten als Terrororganisation eingestufte PKK die Gewalt geschürt.

Nach Angaben von Menschenrechtlern nimmt die Zahl von Folterungen im EU-Bewerberstaat Türkei wieder zu. In den vergangenen Jahren gehörte die Verbesserung der Menschenrechtslage zu den Pluspunkten der türkischen Bewerber. (mpr/AFP)

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