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Politik: BSE und die Folgen: Künast: Agrar-Wende nicht gegen Bauern

Nach den Auseinandersetzungen um den richtigen Umgang mit der Rinderseuche BSE haben sich die rot-grüne Bundesregierung und die Bauernvertreter am Donnerstag aufeinander zubewegt. Die neue Ministerin für Verbraucherschutz und Landwirtschaft, Renate Künast (Grüne), betonte, dass sie ihr Amt nicht gegen die Bauern führen wolle.

Nach den Auseinandersetzungen um den richtigen Umgang mit der Rinderseuche BSE haben sich die rot-grüne Bundesregierung und die Bauernvertreter am Donnerstag aufeinander zubewegt. Die neue Ministerin für Verbraucherschutz und Landwirtschaft, Renate Künast (Grüne), betonte, dass sie ihr Amt nicht gegen die Bauern führen wolle. "Die Zeit des Gegeneinander ist vorbei", sagte sie in ihrer ersten Rede vor dem Bundestag. Der Präsident des Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, lobte Künast als "äußerst intelligente und tüchtige Frau". Das neu zugeschnittene Verbraucherministerium sehe er als "klare Aufwertung".

Sonnleitner warf Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) allerdings vor, in der BSE-Krise die Diskussion zusätzlich angeheizt zu haben. Anlässlich der Eröffnung der "Grünen Woche" in Berlin mahnte der Bauernpräsident Entschädigungen der Landwirte an und kritisierte das finanzielle Krisenmanagement als "katastrophal". Es gebe "lauter offene Fragen", und "im Prinzip ist nichts geklärt". Wenn er die Existenznöte der Landwirte anspreche, werde ihm von der Politik oft vorgehalten: "Die Bauern kümmern sich nur ums Geld."

Künast rechnet mit einer deutlichen Zunahme der BSE-Fälle in Deutschland. Schätzungen gingen von 200 bis 500 Fällen in diesem Jahr aus. Zugleich kündigte die Ministerin einen Maßnahmenkatalog an. Er sieht unter anderem eine Positivliste für erlaubte Futtermittel, konsequente Futtermittelkontrollen sowie verschärfte Sanktionsmöglichkeiten vor. Künast sagte ferner, dass es bei einem BSE-Fall bei der Tötung des ganzen Bestandes bleiben solle. Außerdem tritt die Ministerin für ein zeitlich unbefristetes Verbot von Tiermehl und Tierfetten EU-weit ein. Nach Angaben Künasts gibt es derzeit 16 bestätigte BSE-Fälle in Deutschland.

Die schwedische Landwirtschaftsministerin und amtierende Chefin des EU-Agrarrates, Margareta Winberg, sagte in Berlin nach einem Treffen mit Künast, wie in Schweden und Deutschland sollten auch in den anderen EU-Staaten Zielgrößen für den Anteil der ökologischen Landwirtschaft festgelegt werden. Sie hoffe, dass Deutschland zum Motor für den Wandel in der EU-Agrarpolitik werde. Es gebe aber dabei Widerstände in mehreren EU-Staaten und auch in Brüssel.

EU-Agrarkommissar Franz Fischler warnte vor nationalen Alleingängen im Kampf gegen BSE. Er bekräftigte seine Forderung, als Konsequenz aus der BSE-Krise zur naturnahen Landwirtschaft zurückzukehren. Kühe dürften nie wieder zu "Kannibalen" gemacht werden. Das aus Tierkörpern gewonnene Tiermehl, das als Überträger der Rinderseuche BSE gilt, war in der Vergangenheit auch an Kühe verfüttert worden. Nicht alles, was technisch möglich sei, solle in der Landwirtschaft umgesetzt werden.

Im bayerischen Stiefenhofen demonstrierten am Donnerstagmorgen mehr als 300 Bauern mit einer Sitzblockade gegen die Tötung einer BSE-verdächtigen Herde von einem Hof. Die 85 Tiere wurden eingeschläfert und danach vernichtet. Bundesweit sind nach BSE-Fällen inzwischen mehr als 1400 Tiere zur Tötung abtransportiert worden. Die Keulung weiterer Rinderbestände steht noch bevor. In Bayern wurde am Donnerstag ein weiterer BSE-Verdachtsfall festgestellt. Hessens Sozialministerium hat eine Häufung schwach positiver und unklarer BSE-Schnelltests auf "Kinderkrankheiten" der Testverfahren zurückgeführt.

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