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© dpa

Buback-Mord: Das Bild wird klarer

Die RAF-Terroristin Verena Becker wurde festgenommen. Was heißt das für die Aufklärung des Buback-Mordes?

Von Michael Schmidt

RAF und kein Ende. Auch mehr als drei Jahrzehnte nach dem „Deutschen Herbst“ im Jahr 1977 und dem Höhepunkt politisch motivierter Gewalt im Westen der Republik zeigt sich: Die Geschichte des RAF-Terrors ist noch immer nicht völlig aufgeklärt. Die Festnahme von Verena Becker (kleines Schwarzweißbild oben und Farbbild rechts nach ihrer Festnahme) könnte zur Aufklärung einer der größten deutschen politischen Kriminalgeschichten beitragen. Und vielleicht gibt es auch eine Antwort auf die Frage: Wer hat Generalbundesanwalt Siegfried Buback erschossen?

Was ist damals genau passiert?

Am 7. April 1977 werden in Karlsruhe von einem Motorrad aus 15 Schüsse aus einem halbautomatischen Gewehr auf den Generalbundesanwalt und seine Begleiter Wolfgang Göbel und Georg Wurster abgegeben. Die drei sterben. Den Beteiligten gelingt zunächst die Flucht. Die Tat markiert eine Zäsur. Der damals 57-jährige Buback ist das erste Opfer der Roten Armee Fraktion im Terrorjahr 1977. Bevor das Jahr zu Ende geht, sterben unter anderem der Chef der Dresdner Bank, Jürgen Ponto, und Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer. Für die RAF war Buback einer der wichtigsten Vertreter ihres Hauptfeindes: der Bundesrepublik. Wer der Todesschütze des „Kommandos Ulrike Meinhof“, das sich im Namen der RAF zu der Tat bekannte, war, gehört jedoch zu den nach wir vor unbeantworteten Fragen. Als direkte Tatbeteiligte wurden die RAF-Angehörigen Knut Folkerts, Christian Klar und Günter Sonnenberg verurteilt. Der Ex-Terrorist Peter-Jürgen Boock behauptet jedoch, Stefan Wisniewski sei der Motorradschütze gewesen.

Warum wurde Becker erst nach so vielen Jahren festgenommen?

Becker wurde am Donnerstag verhaftet – allerdings nicht unter dem Verdacht, die Todesschützin zu sein. Die Bundesanwaltschaft begründet den Verdacht mit DNA-Spuren Beckers, die an damaligen Bekennerschreiben der RAF sichergestellt worden seien. Dabei hatte die Untersuchung von DNA-Spuren an einem Motorradhandschuh, einem Helm und einer Motorradjacke der Täter 2008 zunächst ergeben, dass diese nicht von Becker stammen konnten. Bei neueren Untersuchungen aber fand das Bundeskriminalamt Anhaftungen von ihr an zehn Briefumschlägen, in denen eine Woche nach dem Attentat in Karlsruhe die Bekennerschreiben verschickt worden waren. Darüber hinaus wurde bekannt, dass bei der Durchsuchung ihrer Wohnung vergangene Woche Unterlagen sichergestellt wurden, die die 57-Jährige zusätzlich belasteten.

Wer ist Verena Becker?

Verena Becker, die knapp einen Monat nach dem Buback-Attentat gemeinsam mit Sonnenberg nach einer Schießerei mit der Polizei in Singen festgenommen worden war, wurde Ende 1977 im Stammheim-Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt und zwölf Jahre später von Bundespräsident Richard von Weizsäcker begnadigt. Becker, die in Berlin lebt und als Heilpraktikerin arbeitet, war immer wieder bezichtigt worden, am Mord an Buback beteiligt gewesen zu sein. Doch den Ermittlern schien stets die Beweislage zu dünn. Dabei war sie sogar noch in der Haft in den Achtzigerjahren mit dem Verfassungsschutz in Kontakt. Ermittlungen gab es aber trotz der erst 2007 publik gewordenen Gespräche damals nicht.

Welche anderen RAF-Taten sind noch ungeklärt?

Nach wie vor gibt es mindestens 35 juristisch nicht oder nur teilweise aufgeklärte Taten der RAF und der Bewegung 2. Juni. Dazu gehört auch der Mord an Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer. Der wurde im September 1977 in Köln entführt. Dabei erschossen die Terroristen Schleyers Fahrer Heinz Marcisz und drei von der Polizei gestellte Leibwächter. Schleyer wurde an mehreren Orten festgehalten. Am 13. Oktober entführten palästinensische Terroristen die Lufthansa-Maschine „Landshut“, um der RAF zu Hilfe zu kommen. Kapitän Jürgen Schumann wurde von den Terroristen erschossen. Die GSG 9 stürmte das Flugzeug am 18. Oktober in Mogadischu. Drei der vier Geiselnehmer wurden getötet. Noch in der Nacht bringen sich die RAF-Mitglieder Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim um. Hanns Martin Schleyer wird im Beisein von Wisniewski mit drei Schüssen getötet. Es konnte jedoch nicht geklärt werden, wer die Schüsse abgefeuert hatte.

Auch die Ermordung von Alfred Herrhausen, Vorstandssprecher der Deutschen Bank, am 30. November 1989 in Bad Homburg und das Attentat auf Detlev Karsten Rohwedder, Präsident der Treuhandanstalt, am 1. April 1991 in Düsseldorf sind noch immer nicht gänzlich aufgeklärt.

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