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Bürgerfragen im TV: Merkel legt in der Arena vor

"Wahlarena" heißt das Spiel bei der ARD. Merkel machte am Montagabend den Anfang, der Herausforderer Frank-Walter Steinmeier kommt am Dienstag dran. Das Format hat seine Tücken - denn Bürgerneugier ist unberechenbar.

Von Robert Birnbaum

Der Herr aus Solingen ist 68 Jahre alt, und er will jetzt doch aber mal wissen, wie das enden soll mit den Beamtenpensionen. Ein Professor aus Freiburg, liest der Herr von seinem Zettel ab, hat nämlich ausgerechnet, dass spätestens im Jahr 2500 der Staat bankrott sein wird, wenn er seine Diener weiter so gut im Alter sichert wie bisher. Angela Merkel schürzt knapp die Mundwinkel. „Der Professor aus Freiburg wird vermutlich vorher seine Pension noch nehmen“, spottet sie los, bremst sich dann aber sofort wieder: „Also, im Ernst ...“ Folgt eine Erläuterung des Beamtenpensionswesens. Der Herr aus Solingen guckt skeptisch. Aber so richtig weiß er nicht mehr, was er noch fragen soll, und sowieso wandert das Mikrofon schon weiter.

„Wahlarena“ heißt das Spiel bei der ARD. Die Gladiatorin steht in knallroter Kostümjacke an einem Plexiglaspult in der Mitte, die Zuschauer sitzen auf Tribünenbänken rundherum und heizen mit Fragen ein. Merkel macht am Montagabend den Anfang, der Herausforderer Frank-Walter Steinmeier kommt am Dienstag dran. Das Format hat seine Tücken. Bürgerneugier ist unberechenbar. Als Helmut Kohl vor einer kleinen Ewigkeit sich mal als erster Kanzler einer solchen Runde stellte, fiel ihm auf die Frage nach Regierungsplänen zur „Datenautobahn“ nur der Verkehrsminister ein – vom nachmaligen Internet verstand der Pfälzer nichts. Merkel lässt sich nicht auf derart falschem Fuß erwischen. Überhaupt kommt ihr diese Art von Bürgersprechstunde entgegen. Sie kann ihre Lust am Argumentieren ausspielen, sie kann mit mecklenburgischer Schnoddrigkeit die Stimmung auflockern.

Und Merkel kann sehr verständnisvoll nicken. „Ich nehm’ das mal als Anregung auf“, antwortet sie der 400-Euro-Jobberin, die wissen will, ob der Staat nicht ihre Fahrt zur Arbeit billiger machen kann. „Sie haben vollkommen recht“, sagt sie dem Ex-Soldaten, der nachfragt, ob nicht endlich mal ein klares Ziel für den Einsatz in Afghanistan her muss. Und der Kölnerin, die nach einer Rückenoperation keine bezahlbare behindertengerechte Wohnung findet, gesteht sie nach einem Hinweis auf die Förderung von behindertengerechtem Bau im zweiten Konjunkturpaket zu: „Jetzt haben Sie immer noch keine Wohnung, ich weiß.“

Die Frau ist erst halb getröstet: „Jetzt haben Sie so viele Milliarden für die Banken ausgegeben ...“ Da schaltet Merkel aber dann doch von verständnisvoll auf energisch um. „Glauben Sie, das hab'' ich freiwillig gemacht?! Das hab'' ich nur gemacht, damit Ihre Spareinlagen sicher sind!“ Und die Mutter, die Merkels Argument von der Atomkraft als notwendiger „Brückentechnologie“ unter beifälligem Gemurmel von den Bänken unverantwortlich nennt, bekommt ein freundliches, aber bestimmtes „Beide überzeugen werden wir uns hier jetzt gegenseitig nicht“ zu hören. Und dann ist da noch die Frage nach der Pendlerpauschale. „So lange ich Politik mache, pack'' ich die Sache nicht mehr an!“ 

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