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Atomenergie: Bürgt Berlin für Akws in Russland?

Die Bundesregierung prüft derzeit staatliche Hermes-Exportbürgschaften für je zwei Atomkraftwerke in Russland und in China. Ökologen hoffen auf eine Ablehnung.

Berlin - Bernd Pfaffenbach, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, hat der grünen Bundestagsabgeordneten Ute Koczy auf eine entsprechende Frage geantwortet, dass es um die „Kernkraftwerke Leningradskaja 3 und Novoworonezkaja 4 in Russland“ geht. Zudem liegen der Regierung Anträge für Lieferungen zum Bau der chinesischen Kernkraftwerke Taishan sowie Hawei vor. Bei den beiden russischen Atomkraftwerken ist offenbar der Siemens-Konzern der Antragsteller, sagte Wladimir Sliwyak von der russischen Umweltorganisation Ecodefense dem Tagesspiegel.

Erst Anfang Februar hatte die schwarz- gelbe Bundesregierung ihre Bürgschaftspolitik grundlegend verändert. Zehn Jahre lang waren deutsche Hermes-Bürgschaften für Atomkraftwerksneubauten verboten. Doch am 1. Februar genehmigte die Bundesregierung eine von Siemens-Areva beantragte Bürgschaft für das seit mehr als 20 Jahren im Bau befindliche brasilianische Atomkraftwerk Angra 3. Siemens hatte im Jahr 2002 schon einmal eine Exportbürgschaft für das Atomkraftwerk beantragt, das nach Einschätzung der Umweltorganisation Urgewald in der einzigen erdbebengefährdeten Region Brasiliens gebaut wird. Damals wurde die Hermes-Bürgschaft abgelehnt. Doch nach dem Regierungswechsel stellte das deutsch-französische Gemeinschaftsunternehmen Siemens-Areva, das allerdings nur noch bis 2012 bestehen soll, bereits im November 2009 erneut einen Antrag, der diesmal positiv beschieden wurde.

Nach Informationen von Ecodefense hat der  Bau des Atomkraftwerks in Leningrad im vergangenen Jahr begonnen. Die Anlage in Woronez werde bereits seit drei Jahren gebaut. An beiden Standorten sollen Atomkraftwerke der Reaktorlinie WWER 1200 des russischen staatlichen Atomkonzerns Rosatom gebaut werden. Rosatom preist den Druckwasserreaktor als Weiterentwicklung der alten Linie WWER 1000. Nach Einschätzung von Sliwyak hat sich in den neuen Anlagen aber am Konzept wenig geändert; nur die Stromerzeugungskapazität sei höher.

Erst Anfang März haben Siemens und Rosatom ein Joint Venture vereinbart, das die Entwicklung der WWER-Reaktorlinie weiter vorantreiben soll. Zudem soll es bei der Kooperation auch um die Modernisierung alter Atomkraftwerke gehen, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der beiden Unternehmen. Rosatom baue derzeit in Russland und in anderen Ländern zwölf neue Kraftwerksblöcke an sieben Standorten.

Sliwyak geht davon aus, dass Siemens diese Anlagen mit moderner Steuerungstechnik beliefern möchte, und dass der Konzern wohl auch dafür Exportbürgschaften beantragt hat. Der Umweltschützer hofft, dass die Bundesregierung die Hermes-Bürgschaften für die beiden Atomkraftwerke in Russland ablehnt. Zum einen lehne die Bevölkerung den Ausbau der Nuklearanlagen ab, sagt er. Zudem gebe es in Russland trotz einer jahrzehntelangen Nutzung der Atomenergie kein Entsorgungskonzept.

Auf diesem Feld plant übrigens die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), die im Besitz der deutschen Atomkraftwerksbetreiber ist, den Einstieg in Russland. Im Februar vereinbarte das Unternehmen ein Rahmenabkommen zur Entsorgung von Atommüll mit der Rosatom-Tochter Atomstroyexport.

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