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Politik: Bundesrat befürwortet Käfige für Hühner

Legebatterien sollen erst Ende 2008 verboten werden statt 2006 / Seehofer kann allein entscheiden

Berlin - Wenn’s ums Ei geht, geht es rund. Denn das Ei, genauer der Ort seiner Produktion, ist eine in Deutschland höchst streitanfällige Angelegenheit. Und die Streitparteien sind stets gut gerüstet. So waren auch am Freitag in Berlin wieder hunderte Befürworter und Gegner der Käfighaltung von Legehennen aufmarschiert, um für ihr jeweiliges Anliegen und gegen das der anderen Seite zu demonstrieren. Zwischenfälle wurden nicht gemeldet, Eier flogen keine.

Der Grund für die Proteste: Der Bundesrat machte sich daran, die vor allem von den Grünen in der Regierung Schröder durchgesetzte deutsche Vorreiterrolle bei der Abschaffung der Käfighaltung etwas zu revidieren. Deshalb sollen künftig nun doch die von Grünen und Tierschützern kritisierte Kleinvoliere als Ersatz für die EU-weit ab 2012 verbotenen Legebatterien zugelassen werden. Zudem soll das von der rot-grünen Bundesregierung schon für Ende 2006 vorgesehene Verbot der Legebatterien jetzt doch erst von Ende 2008 an gelten.

Von einem „Rollback“ sprach daher die frühere grüne Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne). Bärbel Höhn, die grüne Agrarausschussvorsitzende, nannte die Entscheidung des Bundesrats „grundfalsch“. Sie forderte Verbraucherminister Horst Seehofer (CSU) auf, die Forderungen des Bundesrats nicht umzusetzen. Ansonsten würde „ein tierschutzpolitischer Meilenstein zu den Akten gelegt und gegen die Interessen der Verbraucher gehandelt“. Auch in der SPD regte sich teilweise Widerstand. Rheinland- Pfalz, wo in der Landwirtschaft eher die Traube und nicht das Ei dominiert und wo neuerdings die Sozialdemokraten allein regieren können, stimmte der Änderung der Legehennenordnung nicht zu.

Auf Länderseite hatten sich vor allem die großen Eierproduktionsländer Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen für Veränderungen eingesetzt. Ihr Argument: Kleinvolieren und späteres Verbot der Produktion in Batterien nützten der deutschen Eierwirtschaft. Ansonsten würde die Massenproduktion ins Ausland verlegt, oder ausländische Produzenten hätten Vorteile. „Es nutzt dem Tierschutz wenig, wenn in Zukunft in den Regalen des Einzelhandels statt deutschen nun ausländische Käfig-Eier angeboten werden“, meinte die bayerische Bundesratsministerin Emilia Müller (CSU). Der Schweriner Agrarminister Till Backhaus (SPD) verteidigte die von seinem Land geforderten Kleinvolieren als artgerecht. Sie sichere ein „hohes Tierschutzniveau“. Obendrein forderte Backhaus Seehofer auf, möglichst bald einen „Tierschutz-Tüv“ einzuführen. Seehofers Staatssekretär Peter Paziorek (CDU) versicherte, man wolle nicht von der Vorreiterrolle Deutschlands im Tierschutz abweichen.

Ursprünglich hatten die Eier-Länder Volieren vorgeschlagen, in denen jedes der bis zu 50 Tiere etwa 800 Quadratzentimeter Platz hat (in Batterien sind es 550) und die 50 bis 60 Zentimeter hoch sein sollten. Seehofer plädierte dagegen dafür, den Hennen bis zu 900 Quadratzentimeter zum Eierlegen einzuräumen und die Volieren mindestens 60 Zentimeter hoch sein zu lassen.

Die Tierschützer sehen in den Volieren dagegen nach wie vor einen Verfassungsbruch zu Lasten des Huhns. Vor sieben Jahren hatte nämlich das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden, dass die damals geltende Hennenhaltung in großen Batterien unter beengten Verhältnissen nichtig sei. Hühner müssten die Möglichkeit haben, ihre Grundbedürfnisse wie Scharren, Picken und Sitzen auf Stangen auch in der industriemäßig betriebenen Eierproduktion auszuleben. Nach Ansicht der Befürworter der Volieren ist das in dieser Käfigart möglich.

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