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Bundeskanzlerin Angela Merkel verabschiedet sich guter Dinge in den Urlaub.

© dpa

Bundesregierung: Angela Merkel redet die Lage schön

Bevor die Bundeskanzlerin sich in den Urlaub verabschiedete, stand sie in Berlin noch einmal Journalisten Rede und Antwort. Angela Merkel räumt Turbulenzen ein, erklärt die Wirtschaftskrise für beendet und kündigt für die zweite Jahreshälfte "harte Arbeit" an.

Angela Merkel kommt schnell zur Sache, sie spricht von „turbulenten Monaten“, von „wichtigen Weichenstellungen“ die vor der Bundesregierung stehen und räumt auch ein, dass der Umgangston in der Koalition zuletzt „teilweise nicht akzeptabel“ gewesen sei.

Gleichzeitig jedoch versucht die Bundeskanzlerin, gute Stimmung zu machen. Die Krise sei vorbei, erklärt sie, auch wenn Merkel zugleich „noch nicht“ sagen will, dass der Aufschwung auf Dauer tragfähig sei. Rückschläge schließt also auch sie nicht aus, trotzdem bleibt die Kanzlerin optimistisch. Die Zahl der Arbeitslosen sei niedriger als vor der Krise, sagt sie. „Deutschland hat sich als stabiler erwiesen als gedacht“, verkündet sie, der „Staat war handlungsfähig“. Merkel präsentiert sich vor ihrem Urlaub also noch einmal zufrieden und optimistisch. Ihre Laune scheint besser als die Lage. Alle schlechten Nachrichten der letzten Monate, vor allem die aus den eigenen Reihen, scheinen an ihr abzuperlen.

Fast anderthalb Stunden nimmt sich Angela Merkel am Mittwoch Zeit, um den Hauptstadt-Journalisten Rede und Antwort zu stehen. Sie redet über die Innenpolitik und über die Außenpolitik, über ihre Kabinettskollegen und die Opposition, über ihr Leben vor der Politik und ihren Spaß an der Politik.

Der Auftritt ist ein Ritual

Der sommerliche Auftritt vor der Bundespressekonferenz ist ein Ritual. Wirklich Neues wird in der Regel nicht verkündet. Es ist Tradition in der Hauptstadt, dass die Kanzler der Republik noch einmal die letzten Monate Revue passieren lassen und in die Zukunft blicken, bevor sie sich in den Urlaub verabschieden. Willy Brandt war der Erste, der den Plausch mit den Journalisten in der nachrichtenarmen Zeit schätzte, Helmut Kohl kam gelegentlich, Schröder jedes Jahr. Merkel muss etwas tun, die Stimmung in der Koalition ist schlecht, in den Meinungsumfragen testet die Regierung derzeit Woche für Woche Tiefstwerte. Nach dem turbulenten ersten Regierungsjahr von Schwarz-Gelb braucht die Kanzlerin eine Trendwende.

Angela Merkel weiß dies. Im sommerlich weißen Kostüm sitzt sie vor den Hauptstadtjournalisten. Sie versucht, Scherze zu machen, entspannt zu wirken. Dabei ist die Lage für die Kanzlerin alles andere als entspannt, auch sie kennt die Umfragen, auch sie weiß, die Deutschen sind nicht zufrieden mit der Regierung, „bestimmte Formen der Diskussion haben den Wählern nicht gefallen“.

Doch lange will sich die Kanzlerin damit nicht aufhalten, sondern lieber in die Zukunft blicken. „Die nächsten Monate werden noch einmal sehr arbeitsreich, weil wir wichtige Entscheidungen zu treffen haben“, sagt Merkel und spricht von „harter Arbeit“.

Der Fahrplan der Bundesregierung für die zweite Jahreshälfte scheint zu stehen. Innenpolitisch stehen aus Sicht der Kanzlerin vor allem drei Themen an. So soll erstens zunächst die Gesundheitsreform, auf deren Eckpunkte sich die Koalition verständigt hat, umgesetzt werden. Zweitens will die Bundesregierung ihr Energiekonzept verabschieden. Für Merkel steht dabei fest, dass Deutschland „schnellstmöglich“ das Zeitalter der regenerativen Energien erreichen müsse, die Atomkraft nur eine Brückentechnologie sei. Drittens will die Bundesregierung die Hartz-IV-Sätze und dabei vor allem die Leistungen für Kinder neu regeln. International will die Kanzlerin vor allem die neue Finanzarchitektur voranbringen.

Merkel lehnt schnelle Steuersenkungen ab

Auch an dem Sparkurs will die Kanzlerin festhalten. Die Haushaltskonsolidierung sei „in der Umsetzung“, sagt sie, dies sei „ein zum Teil schmerzlicher Prozess, aber unbedingt notwendig“. Und auch wenn das Steueraufkommen deutlich höher ausfällt, als ursprünglich erwartet, sieht die Kanzlerin keinen Spielraum für Steuersenkungen noch in dieser Legislaturperiode. Dabei reißen entsprechende Forderungen aus den Reihen des Koalitionspartners FDP nicht ab.

Merkel weiß also, dass die Diskussionen in der Koalition nicht abreißen werden und sie weiß auch, dass sie neuen Streit zwischen den drei Parteien nicht verhindern kann. Es sei klar, dass nun über die Details der Sparbeschlüsse diskutiert werde, sagt sie, aber es sei „immer richtig, man spricht erst einmal miteinander als übereinander.“ Nur die schrillen Töne der letzten Monate sollen der Vergangenheit angehören. „Da, glaube ich, hat sich die Koalition aber ein Stück weit zusammengerauft“, sagt die Kanzlerin und verabschiedet sich.

Offiziell ist Merkel ab dem kommenden Wochenende im Urlaub. Wo sie Kraft für das nächste Regierungsjahr tankt, will sie nicht verraten. Aber wiederkommen will die Kanzlerin in jedem Fall. Auch angesichts der vielen Rücktritte von CDU-Politiken in den letzten Wochen sagt sie über ihre Arbeit freudig, „jetzt macht es mir erstmal Spaß“ und verkündet, „sie können davon ausgehen, dass sie mich nach dem Urlaub wieder sehen.“ 

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