zum Hauptinhalt

Politik: Bundesregierung will weitere 600 Soldaten auf den Balkan entsenden

BONN .Nach längeren Querelen in der rot-grünen Koalition will jetzt auch die Bundesregierung Soldaten nach Albanien schicken, die bei der Versorgung von Vertriebenen aus dem Kosovo helfen sollen.

Von Robert Birnbaum

BONN .Nach längeren Querelen in der rot-grünen Koalition will jetzt auch die Bundesregierung Soldaten nach Albanien schicken, die bei der Versorgung von Vertriebenen aus dem Kosovo helfen sollen.Etwa 600 Mann stellt Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) für die NATO-Aktion "Allied Harbour" bereit, für bis zu 1000 Mann will er sich die Zustimmung des Bundestages geben lassen, um während der Wachablösungen einen Personalpuffer zu haben.Die Truppe - Sanitäter, Pioniere, eine Hubschrauber-Staffel, eine Fernmeldeeinheit, Stabssoldaten und 60 bis 80 Mann zur Eigensicherung - soll Flüchtlingslager aufbauen und Hilfsgüter transportieren.Die NATO folgt damit einer Bitte des UNO-Flüchtlingshilfswerks, das mit der Aufgabe völlig überfordert ist, für mittlerweile gut 350 000 Vertriebene in Albanien zu sorgen.

Trotzdem hat die Bundesregierung mehr als zwei Wochen gebraucht, um der Bitte Folge zu leisten.Der Grund lautete amtlich "Abstimmungsbedarf im Bündnis" - was nicht falsch war, aber meist falsch verstanden wurde: Nicht die NATO-Partner mußten sich untereinander abstimmen, sondern die rot-grünen Partner.Scharping hatte von Anfang an darauf beharrt, daß auch für diesen humanitären Einsatz ein Mandat des Bundestages nötig sei.Denn es sei nicht völlig auszuschließen, daß die Soldaten in militärische Auseinandersetzungen verwickelt würden.Das lieferte Spekulationen Nahrung, die Regierung öffne eine Rutschbahn in den Bodenkrieg.

Der erste Entwurf für einen Kabinettsbeschluß wurde denn auch von der Grünen-Spitze sofort als allzu interpretationsfähig kassiert.Und auch die Fassung, die das Kabinett am Dienstag absegnete, wurde noch einmal überarbeitet.Umstritten war nicht der Einsatz der Soldaten als Flüchtlingshelfer, sondern eine Passage, in der von einem "darüber hinausgehenden Einsatz" die Rede war."Im Rahmen eines Friedensabkommens oder eines internationalen Mandats" - so die ursprüngliche Formel - sollten die Soldaten auch als Teil einer NATO-Truppe im Kosovo selbst eingesetzt werden können.Jetzt lautet die Einschränkung für einen Einsatz im Kosovo: nur "im Rahmen eines UN-Mandates oder eines Friedensabkommens" - und auch dann erst, wenn der Bundestag noch einmal ausdrücklich zugestimmt hat.

Vorbei ist der Streit damit nicht.Zwar hat die Fraktion der Grünen der Vorlage bei vier Enthaltungen zugestimmt, aber Linke um Fraktionschefin Kerstin Müller wollen den Beschluß durch eine Resolution flankieren, in der auf politische Konfliktlösung gedrängt wird.Und Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) will eine Zusage, daß die Deutschen nicht im gefährlichen Kosovo-Grenzgebiet in Nord-Albanien operieren.Solche Begrenzungen hat Scharping schon am Montag abgelehnt: Zwar sollen Deutsche und Franzosen vorrangig in Süd-Albanien Zeltstädte bauen, aber Hilfsgüter-Transporte in den Norden seien nicht auszuschließen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false