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Bundestag: Rechnungen und Abrechnungen

FDP, Grüne und Linkspartei haben in der Haushaltsdebatte des Bundestages die Arbeits- und Sozialpolitik der großen Koalition angegriffen. "Misswirtschaft" lautete einer der Vorwürfe, gegen die sich Arbeitsminister Müntefering verteidigen musste.

Berlin - Die Kosten für Hartz IV seien weiterhin das "Wirtschaftsrisiko Nummer eins", sagte der FDP-Sozialpolitiker Heinrich Kolb am Donnerstag in Berlin. PDS-Vizechefin Katja Kipping beklagte eine "ständig am Kochen gehaltene Missbrauchsdebatte" im Zusammenhang mit Empfängern von Arbeitslosengeld. Grünen-Haushaltsexpertin Anja Hajduk bezeichnete die Kalkulation der Regierung für die Rentenbeiträge als "Mogelpackung". Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) zeigte sich dagegen zufrieden mit der Arbeits- und Sozialpolitik der Regierung: "Es bewegt sich was in Deutschland."

In diesem Jahr werde der Anteil der Sozialausgaben erneut steigen, sagte Kolb. Auch auf dem Arbeitsmarkt gebe es keine Entwarnung: Die sozialversichungspflichtige Beschäftigung nehme von Monat zu Monat ab. Die FDP-Politikerin Claudia Winterstein beklagte eine "Fortsetzung rot-grüner Misswirtschaft". "Der Haushalt des Arbeitsministers leistet keinen Konsolidierungsbeitrag", warf sie Müntefering vor.

Müntefering: Finanzierungsplan ist ein "schlüssiges Konzept"

Müntefering sagte, in den kommenden Jahren werde es zwar erhebliche Schwierigkeiten geben, "mit unseren finanziellen Herausforderungen klar zu kommen". Der Finanzierungsplan für sein Ressort sei aber ein "schlüssiges Konzept". Die Ausgaben für das Arbeitslosengeld II lägen in der ersten Hälfte dieses Jahres höher als geplant. Mit den Einsparungen durch mehrere Gesetzesänderungen sei es jedoch möglich, den vorgesehenen Jahresetat von 24,4 Milliarden Euro nicht zu überschreiten. Zudem falle das Plus der Bundesagentur für Arbeit voraussichtlich deutlich höher aus als im Februar angenommen, sagte der Vizekanzler weiter. Statt bei 1,8 Milliarden Euro werde es wohl bei mindestens fünf Milliarden Euro liegen.

Der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner sagte, mit der Verwendung von 46 Prozent des Bundeshaushalts für den Bereich Arbeit und Soziales setze die Regierung eine "sozialpolitische Priorität". Von dem diesjährigen Gesamtetat von 261,6 Milliarden Euro gehen 119,6 Milliarden Euro an Münteferings Ressort.

Kritik an Leistungskürzungen für ALG-II-Empfänger

Für die Linksfraktion kritisierte Kipping die beschlossenen Leistungskürzungen für Arbeitslosengeldempfänger, die Arbeitsangebote ablehnen, als "Angriff auf die verfassungsrechtlich geschützte freie Wahl des Arbeitsplatzes." Unterstützt durch eine Diffamierungskampagne gegen Leistungsempfänger rüttelten Union und SPD am Sozialstaatsprinzip, sagte Kipping. Brandner sagte dazu, es müsse alles getan werden, "um nicht gewollte Leistungsmitnahmen zu vermeiden". Im Zentrum der Bemühungen müsse jedoch die bessere Vermittlung und bessere Qualifizierung Arbeitloser stehen.

Hajduk mahnte, dass es in der Rentenfinanzierung "große Risiken" gebe und weitere Reformanstrengungen nötig seien. Müntefering kündigte zum Bereich Rente an, die betriebliche oder Riester-Rente sollten ausgebaut werden, um weiterhin Wohlstand im Alter zu sichern.

Das Mitglied des Hartz-IV-Ombudsrats, Hermann Rappe (SPD), bezweifelte, dass der Staat seine Einsparziele bei der Arbeitsmarktreform einhalten wird. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte kürzlich die Erwartung geäußert, die Kosten von Hartz IV könnten von etwa 29 Milliarden Euro im Jahr 2006 auf 20,6 Milliarden Euro im kommenden Jahr sinken. "Ich wünsch ihm dabei Glück und Hoffnung", sagte Rappe. Die Aufdeckung von Missbrauchsfällen beim Arbeitslosengeld würde jedoch kaum den erhofften Erfolg bringen. Der Ombusrat stellt am Freitag seinen Abschlussbericht vor. (tso/AFP)

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