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Politik: Bundestagswahl 2005 Keine Mehrheit für den Wechsel

Für SchwarzGelb oder Rot-Grün reicht es nicht Merkel und Schröder wollen beide die Regierung führen Schlechtestes Ergebnis für die SPD seit 1990, für die Union seit 1998 Berlin - Die Bundestagswahl am Sonntag hat einen überraschenden Sieger: Die FDP mit ihrem Spitzenkandidaten Guido Westerwelle konnte deutlich zulegen und kam nach der ZDF-Hochrechnung von 19 Uhr auf 10,4 Prozent der Stimmen. Dagegen erreichte die CDU/CSU mit Kanzlerkandidatin Angela Merkel nicht den erhofften Stimmenzuwachs: Mit 35,2 Prozent blieb die Union deutlich hinter ihren Erwartungen zurück.

Für SchwarzGelb oder Rot-Grün reicht es nicht Merkel und Schröder wollen beide die Regierung führen Schlechtestes Ergebnis für die SPD seit 1990, für die Union seit 1998

Berlin - Die Bundestagswahl am Sonntag hat einen überraschenden Sieger: Die FDP mit ihrem Spitzenkandidaten Guido Westerwelle konnte deutlich zulegen und kam nach der ZDF-Hochrechnung von 19 Uhr auf 10,4 Prozent der Stimmen. Dagegen erreichte die CDU/CSU mit Kanzlerkandidatin Angela Merkel nicht den erhofften Stimmenzuwachs: Mit 35,2 Prozent blieb die Union deutlich hinter ihren Erwartungen zurück. Nach den ersten Zahlen am Wahlabend hatte Merkel für die mit den Liberalen angestrebte schwarz- gelbe Koalition keine Mehrheit. Die SPD unter Bundeskanzler Schröder, der gegen Widerstände im eigenen Lager die Wahlen über eine Vertrauensfrage im Bundestag auf den Weg gebracht hatte, verlor im Vergleich zu 2002 deutlich – mit 33,6 Prozent verfehlte sie klar das von Schröder ausgegebene Ziel von 38 Prozent.

Die Grünen mit Außenminister Joschka Fischer an der Spitze konnten sich mit 8,2 Prozent behaupten. Als Gewinner fühlen darf sich neben der FDP auch die Linkspartei/PDS, die mit 8,5 Prozent das Ergebnis von 2002 verdoppeln konnte. Die PDS mit dem Spitzenkandidaten Gregor Gysi hatte Kandidaten der Wahlalternative soziale Gerechtigkeit (WASG) unter Führung des einstigen SPD-Chefs Oskar Lafontaine auf ihre Listen genommen und sich umbenannt. Ein endgültiges Resultat der Bundestagswahl wird es erst nach dem 2. Oktober geben, weil dann in Dresden eine Nachwahl wegen des Todes einer Direktkandidatin abgehalten wird.

Kanzlerkandidatin Merkel kündigte Gespräche mit allen Parteien „außer mit der Linkspartei“ an. Sie reklamierte den Auftrag zur Regierungsbildung für sich. Dies tat auch Bundeskanzler Gerhard Schröder, der trotz der deutlichen Verluste der SPD im Amt bleiben will: „Ich fühle ich bestätigt, für unser Land dafür zu sorgen, dass es auch in den nächsten vier Jahren eine stabile Regierung unter meiner Führung geben wird.“Es sei „unverständlich, wie die Union aus einem desaströsen Wahlergebnis einen politischen Führungsanspruch ableiten will“. Die SPD werde mit allen Parteien Gespräche führen, außer mit der Linkspartei. Zuvor hatte SPD-Chef Franz Müntefering erklärt: „Dieses Land will Gerhard Schröder als Bundeskanzler haben.“

FDP-Chef Guido Westerwelle wandte sich erneut gegen eine „Ampelkoalition“ mit SPD und Grünen: „Für eine Ampel oder eine andere Ampelei stehen wir nicht zur Verfügung.“ Außenminister Fischer erklärte, die Grünen wollten das Land weiter mitgestalten, „ob in der Opposition oder in einer anderen Rolle“.

Das knappe Ergebnis zwischen den Lagern hatte sich in den Umfragen schon abgezeichnet, die jedoch allesamt die FDP schwächer und die Union stärker gesehen hatten. Rechnerisch haben nach dem Ergebnis vom Sonntag weder Schwarz-Gelb noch Rot-Grün eine Mehrheit. Möglich sind nach dem Ergebnis vom Sonntag eine große Koalition von Union und SPD, eine Ampelkoalition von SPD, FDP und Grünen, ein rot-rot-grünes Bündnis oder eine „schwarze Ampel“ aus Union, FPD und Grünen.. Von diesen Möglichkeiten hat aber nur Schwarz-Rot den nötigen Rückhalt im Bundesrat.

Vor drei Jahren hatten SPD und Union 38,5 Prozent bekommen. Die Grünen als dritte Kraft hatten 8,6 Prozent erreicht. Die FDP, die damals Westerwelle ausdrücklich als Kanzlerkandidaten nominiert hatte, kam auf 7,4 Prozent – in diesem Jahr verzichteten die Liberalen auf diesen Wahlkampfgag. Die PDS war 2002 sowohl an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert als auch an der Drei-Mandate-Regel – sie schaffte nur vier Prozent und gewann auch nur zwei Direktmandate in Berliner Wahlkreisen. Die Sitzverteilung im alten Bundestag: SPD 251 (einschließlich vier Überhangmandaten), CDU/CSU 248 (ein Überhangmandat), Grüne 55, FDP 47, PDS 2.

Das überraschend gute Ergebnis der FDP ist freilich nicht ihr bestes bei Bundestagswahlen: 1961 hatte sie ihr Rekordresultat mit 12,8 Prozent, 1980 kam sie auf 10,8 Prozent und 1990 – bei der Einheitswahl noch unter Außenminister Hans-Dietrich Genscher auf elf Prozent.

Für die Union ist es ihr drittschlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl: 1998 hatte sie nur 35,1 Prozent erreicht, 2002 waren es mit dem Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber 38,5 Prozent. Die SPD hat seit 1990 nicht mehr so schlecht abgeschnitten wie am Sonntag, als sie mit dem Spitzenkandidaten Lafontaine auf 33,5 Prozent kam. Ihr schlechtestes Ergebnis hatte sie 1953 mit 28,8 Prozent. Die Grünen fuhren ihren bisher größten Erfolg 2002 mit 8,6 Prozent ein. Die zur Linkspartei umbenannte PDS konnte ihr bislang bestes Resultat bei einer Bundestagswahl verbuchen.

Die Wahlbeteiligung lag mit rund 79 Prozent offenbar ebenso hoch wie vor drei Jahren. Insgesamt waren rund 62 Millionen Bürger aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen.

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