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Bundeswehr: Afghanistan: Diskussion über Abzugsplan

Fünf Wochen vor der Bundestagswahl debattiert die Bundesregierung erstmals offen über ein Ende des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan.

Von Michael Schmidt

Berlin - Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte in einem Interview angekündigt, mit der neu gewählten afghanischen Führung über einen Fahrplan für den Abzug der Bundeswehr verhandeln zu wollen. Am Sonntag zog Bundeskanzlerin Angela Merkel nach und betonte auch ihrerseits, Deutschland wolle nicht „auf immer und ewig“ in Afghanistan bleiben.

Der Grünen-Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei begrüßte Steinmeiers Vorschlag, konkretere Zielvorgaben als bisher für die schrittweise Übernahme der Verantwortung durch die afghanische Polizei und Armee festzulegen. Er mahnte aber einen „nicht allzu weiten Zeithorizont“ an, „sonst verharren wir weiter im Ungefähren“. Nachtwei fordert seit längerem schon „überprüfbare Zwischenziele für die Gesamtentwicklung der Region, um in absehbarer Zeit greifbare Aufbauerfolge erzielen zu können“ – um von dieser Grundlage ausgehend ein Abzugsszenario erörtern zu können. Wie in den USA und Kanada solle „die Bundesregierung das Parlament und die Öffentlichkeit mindestens in einem Halbjahresturnus anhand von Benchmarks und Fortschrittsindikatoren über die Sicherheits- und Aufbaulage unterrichten“.

Diese Indikatoren sollten „realitätsnah und zugleich sehr ehrgeizig sein, was unsere eigenen Anstrengungen anbelangt“, sagte Nachtwei am Sonntag dem Tagesspiegel. Dabei halte er eine Konzentration auf Schwerpunkte für sinnvoll. In einem ersten Schritt müsste, regionalspezifisch, der Bedarf ermittelt werden, an Soldaten und Polizisten zum Beispiel, an Schulen, Brücken und Brunnen, am Strombedarf und, daraus abgeleitet, den zur Erzeugung und für den Transport nötigen Wasserkraftwerken und Überlandleitungen.

In einem zweiten Schritt dann sollte festgelegt werden, bis wann welches Ziel erreicht werden soll. Und in einem dritten Schritt schließlich sollte die Regierung regelmäßig Rechenschaft über den Stand der Dinge ablegen. „Wichtig ist auch, dass wir die Fortschritte für die Afghanen sehbar und erlebbar machen“, sagt Nachtwei: „In der Vergangenheit ist oft schon sehr viel mehr getan worden, als dann wahrgenommen wurde.“

Nach der Präsidentenwahl in Afghanistan beteuerten unterdessen die beiden Hauptkonkurrenten, Amtsinhaber Hamid Karsai und Ex-Außenminister Abdullah Abdullah, das Ergebnis anzuerkennen. Allerdings erhob Abdullah am Sonntag den Vorwurf, die Wahl sei im großen Maßstab manipuliert worden. „Es gibt keinen Zweifel, dass es im ganzen Land Tausende von Verstößen gegeben hat“, sagte er. Karsai wie Abdullah sicherten dem US-Gesandten Richard Holbrooke am Sonntag aber zu, das Ergebnis auch im Fall einer Niederlage zu respektieren. Die Ergebnisse werden frühestens in zwei Wochen erwartet.

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