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Bundeswehr

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Bundeswehr: Die neue Tapferkeit

Bundeskanzlerin Merkel und Verteidigungsminister Jung verleihen erstmals die neugestiftete Tapferkeitsmedaille der Bundeswehr. Der Verband hätte lieber mehr Geld für die Soldaten.

Von Michael Schmidt

Berlin - Für viele Bundeswehrangehörige geht es um eine Anerkennung ihres gefährlicher gewordenen Jobs – andere fühlen sich unangenehm erinnert an unheilvolle Wehrmachtszeiten und den Schrecken der Nazidiktatur: An diesem Montag werden erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs deutsche Soldaten mit einem Tapferkeitsorden ausgezeichnet. Um 13 Uhr 30 wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminister Franz Josef Jung (beide CDU) im Kanzleramt vier Bundeswehrsoldaten das neugeschaffene „Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit“ verleihen.

Ausgezeichnet werden Soldaten, die beim Fallschirmjägerbataillon 263 in Zweibrücken dienten und in den Afghanistaneinsatz gingen. In der Nähe von Kundus haben sie sich im Oktober vorigen Jahres um einen ihrer Kameraden gekümmert, der bei einem Selbstmordanschlag schwer verletzt worden war – obwohl sie währenddessen beschossen wurden und sich in unmittelbarer Nähe eines brennenden Fahrzeugs mit Munition befanden, die zu explodieren drohte.

Bisher gab es vier Stufen des Ehrenzeichens, gestiftet 1980 vom damaligen Verteidigungsminister Hans Apel (SPD) „für treue Pflichterfüllung und überdurchschnittliche Leistungen“: Die Ehrenmedaille, das Ehrenkreuz in Bronze, in Silber und in Gold. Diese Orden werden in der Regel nach einer bestimmten Dienstzeit vergeben. Die Ehrenmedaille gibt es frühestens nach sieben Monaten Dienstzeit. Das Ehrenkreuz in Bronze, Silber und Gold wird nach jeweils fünf, zehn oder 20 Jahren Dienstzeit verliehen. Insgesamt wurden die vier Ehrenzeichen seit ihrer Einführung 215 000 Mal verliehen, an etwa jeden dreißigsten aktiven Soldaten – wobei ihnen bisher nicht anzusehen ist, ob sie am Schreibtisch in der Kaserne oder beim Einsatz im Feld verdient wurden.

Das wird sich mit dem neuen Orden ändern. Minister Jung hat die Medaille angeregt, um Soldaten, deren Einsatz sich durch den Wandel der Bundeswehr zur weltweit aktiven Interventionsarmee erheblich geändert hat, im Rahmen einer eindeutig militärischen Mission für „weit über das normale Maß“ hinausgehende Tapferkeit zu ehren. Auszeichnungswürdig sei zum Beispiel „angstüberwindendes und mutiges Verhalten bei außergewöhnlicher Gefährdung für Leib und Leben mit Standfestigkeit und Geduld, um den militärischen Auftrag zu erfüllen“.

Als Bundespräsident Horst Köhler Jungs Vorstoß 2008 billigte, gab es mit Ausnahme der Linkspartei überwiegend Zustimmung. Zumeist in der Form: „Die Bundeswehrsoldaten haben eine besondere Anerkennung verdient, aber ...“ SPD-Verteidigungexperte Rainer Arnold zum Beispiel warnt vor einem „patriotischen Feiern des Militärs wie in den USA“. Sein Kollege von den Grünen, Winfried Nachtwei, vor einer „militärischen Engführung: Auch von Zivilisten wie Polizisten und Entwicklungshelfern wird Tapferkeit verlangt“. Zudem dürfe sich die Regierung mittels solcher Symbolpolitik nicht aus der Verantwortung stehlen, den Soldaten ihren Auftrag „überzeugend darzulegen: Was ist der Plan? Wie soll der Aufbau Afghanistans vonstattengehen? Welche überprüfbaren Ziele haben wir?“.

Auch der Bundeswehrverband begrüßt den Orden. Verbandssprecher Wilfried Stolze gibt aber zu bedenken, den Soldaten seien in den vergangenen Jahren Zulagen gekürzt und das Weihnachtsgeld halbiert worden. Rückhalt vom Staat könnte „auch darin liegen, dass der Arbeitgeber nicht so knickrig ist“.

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