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Politik: Bundeswehr: Scharpings mildes Leuchten

Der Minister sagt es gleich zu Anfang, wie er denkt, dass es zu sein habe: "Es zeigt sich, dass das innere Gefüge unserer Streitkräfte stabil, intakt und belastbar ist", versichert Rudolf Scharping. Adressat dieser Botschaft sind weniger die Teilnehmer der diesjährigen Kommandeurstagung am Montag im Kuppelsaal der Stadthalle Hannover.

Von Robert Birnbaum

Der Minister sagt es gleich zu Anfang, wie er denkt, dass es zu sein habe: "Es zeigt sich, dass das innere Gefüge unserer Streitkräfte stabil, intakt und belastbar ist", versichert Rudolf Scharping. Adressat dieser Botschaft sind weniger die Teilnehmer der diesjährigen Kommandeurstagung am Montag im Kuppelsaal der Stadthalle Hannover. Die mehr als 600 Offiziere kennen sich mit besagtem inneren Gefüge im Zweifel sowieso besser aus als ihr Chef - vor allem auch mit jenen Teilen, in denen es instabil, nicht intakt und überlastet ist. Aber das ist nicht Scharpings Thema. Der liefert einen Rechenschaftsbericht ab, der über lange Strecken zum Rechtfertigungsbericht gerät.

Kein Zufall, dass das Jahr 1998 eine prominente Rolle in seiner Rede spielt: Die Versäumnisse der Vergangenheit geben erst den düsteren Hintergrund ab, der die Reform-Bilanz des Politikers Scharping milde leuchten lässt: "Es gibt keinen Grund, euphorisch zu sein, aber wir haben auch keinen Grund, unser Licht unter den Scheffel zu stellen." Dass das viele unter den Kommandeuren im Kuppelsaal skeptischer sehen, ist am ziemlich höflichen Beifall abzulesen und in der einen oder anderen Frage der knapp halbstündigen Diskussion zu erahnen. Er und seine Leute, sagt ein Offizier, hätten Scharpings Reform und die versprochenen neuen Möglichkeiten am Anfang mit viel Begeisterung gesehen. Sie ist der Ernüchterung gewichen. "Inzwischen sind wir im Dickicht", sagt der Mann. Die alten Strukturen sind zäh, die neuen lassen auf sich warten, vieles scheitert am Geldmangel.

Scharping weiß da wenig Trost, im Gegenteil. In einer Liste von fünf Resulaten seiner Bemühungen zählt er zwar auch auf, dass der "Abwärtstrend" bei der Finanzierung der Bundeswehr gestoppt sei. Doch den Kampf um mehr Geld führt er nicht mehr: die finanziellen Grundlagen seien "nicht komfortabel, aber hinreichend", lautet seine Vorlage für den Kanzler, der später am Nachmittag reden und gewiss nicht mehr Geld versprechen wird.

Dabei wissen Eingeweihte, dass das Geld eben nicht reicht. Auf eine gute Milliarde Euro pro Jahr schätzen sie den Fehlbedarf im Haushalt, Tendenz steigend. Und der Fortgang der Geschäfte bei Scharpings vermeintlichen Goldeseln, der Teilprivatisierung von Bereichen wie Autoflotte, Liegenschaftsverwaltung und Kleiderkammern, weckt bei hohen Militärs schon die Befürchtung, am Ende könnten diese Neuerungen nicht mehr Geld bringen, sondern im Gegenteil noch von dem knappen Geld kosten, das zur Modernisierung der Armee gebraucht wird.

Zur Wehrpflicht hat sich Rudolf Scharping auch bekannt, erwartungsgemäß und mit starken Worten: "Ideologie" hält er den Gegnern des Wehrdienstes vor. Aber so einfach ist das nicht. Der General Beck jedenfalls, Chef der Bundeswehr-Akademie, bittet den Verteidigungsminister geradezu flehentlich, er möge doch die Dienstpflicht als sicherheitspolitisch notwendig begründen und nicht mit dem rein pragmatischen Motiv, dass die Wehrpflicht die beste Nachwuchsgewinnung für die Bundeswehr garantiert. Scharpings Antwort aber besteht nur in einer Gegenfrage: Es solle ihm doch mal jemand einen überzeugenden Grund nennen, warum man von dem bewährten Ist-Zustand abgehen solle.

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