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Politik: Bush: Deutschland ist das Herz Europas

US-Präsident trifft Kanzler Schröder in Mainz / Aktionsplan zum Klimaschutz vereinbart / 12 000 protestieren

Von
  • Hans Monath
  • Robert Birnbaum

Beim ersten Deutschlandbesuch von George W. Bush seit dessen Wiederwahl als US-Präsident haben Bush und Bundeskanzler Gerhard Schröder einhellig betont, dass die Phase der Missstimmigkeiten zwischen beiden Staaten nun beendet sei. Deutschland sei „eine große Nation“ und ein wichtiger Partner der USA, sagte Bush. „Wir wollen gute Beziehungen zu Europa haben, deshalb ist es wichtig, dass wir gute Beziehungen zu Deutschland haben.“ Bei einem Mittagessen mit rund 100 geladenen Gästen bezeichnete er Deutschland als das „Herz Europas“.

Die beiden Politiker kündigten ein deutsch-amerikanisches Aktionsprogramm zum Klimaschutz an. Bush versicherte, „dass wir sehr wohl besorgt sind um die Qualität der Luft“. Amerika lehne das Klimaschutzprotokoll von Kyoto zwar weiter ab, gebe aber jährlich 8,5 Milliarden Dollar für Klimaschutztechnik aus. Schröder begrüßte, dass es trotz unterschiedlicher Einschätzungen des Kyoto-Prozesses gelungen sei, zu einer Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Gefahren des Weltklimas zu kommen. „Ich finde, das ist ein Fortschritt, den man nicht unterschätzen sollte.“

Laut Schröder ist Deutschland bereit, weiter irakisches Militär in den Vereinigten Arabischen Emiraten auszubilden und Aufbauhilfe für irakische Regierungsbehörden zu leisten. Indirekt zeigte Bush Verständnis für die deutsche Festlegung, keine Soldaten in den Irak zu schicken. Er verstehe, welche Grenzen es beim deutschen Engagement gebe, sagte Bush. Beide bekräftigten das Ziel, Iran davon abzuhalten, über Atomwaffen zu verfügen. „Wir sind uns auch einig darüber, dass wir in sicher harten Verhandlungen dieses Ziel erreichen wollen und erreichen müssen“, sagte Schröder. Bush dankte dem Gastgeber für die diplomatischen Bemühungen Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands. Zu einem möglichen Militärschlag gegen Iran erklärte Bush, es seien weiter „alle Optionen auf dem Tisch“. Er ergänzte jedoch: „Iran ist nicht der Irak.“

Die Vorschläge Schröders zur Reform der Nato lobte der US-Präsident, ohne auf Einzelheiten einzugehen. Der Kanzler wolle, „dass die Nato relevant bleibt“, sagte Bush: „Ich bin sicher, dass dieser Geist richtig rübergekommen ist und dies ein guter Vorschlag war.“ Da Bush an diesem Donnerstag in Bratislava mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin zusammentreffen will, erörterte er mit Putin-Freund Schröder auch die Lage in Russland. Der US-Präsident flog noch am Mittwochabend in die Slowakei weiter. Zuvor hatte er in Mainz kurz auch mit CDU-Chefin Angela Merkel gesprochen. Zudem besuchte er in Wiesbaden US-Soldaten.

Der Chef-Außenpolitiker der Union, Wolfgang Schäuble, appellierte an die Bundesregierung, die Chancen der deutsch-amerikanischen Wiederannäherung nicht zu verspielen. Er hoffe, dass mit dem Besuch Bushs eine „Trendwende“ eingeleitet sei, sagte Schäuble dem Tagesspiegel. Es dürfe nicht wieder vorkommen, dass Deutschland Soldaten aus integrierten Nato-Stäben abziehe. Wichtig sei jetzt, in der Nato miteinander zu reden „in einer Weise, dass man sich aufeinander verlassen kann“. Schäuble forderte die Regierung auf, antiamerikanischen Stimmungen entgegenzuwirken und sie nicht unterschwellig auch noch zu fördern.

In Mainz protestierten laut Polizei rund 12 000 Menschen gegen Bush. Der Verkehr im Rhein-Main-Gebiet kam zeitweise zum Erliegen, weil Straßen und Autobahnen gesperrt wurden. Am Frankfurter Flughafen, der für eine gute halbe Stunde seinen Flugbetrieb einstellen musste, fielen mehr als 150 Flüge aus. Die Lufthansa erwägt nun Schadenersatzforderungen gegen die Sicherheitsbehörden.

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