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Der ÖVP-Chef Sebastian Kurz (Mitte) schickt sich an, Bundeskanzler in Österreich zu werden.

© dpa

Casdorffs Agenda: Kurzens Dienstweg in der Flüchtlingskrise

Ein neues Buch legt nahe, dass die deutsche Regierung in der Flüchtlingskrise nur öffentlich gegen die Schließung der Balkanroute in Österreich war. Vorbei? Vergessen? Keineswegs. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Die Flüchtlingskrise im September 2015 und was damals geschah - vorbei, vergessen? Keineswegs. Nicht hier in Deutschland, und in Österreich erst recht nicht. Zumal sich jetzt Sebastian Kurz aufmacht, Bundeskanzler und damit Kollege von Angela Merkel zu werden. Denn Kurz war es, der als Wiener Außenminister Aufsehen erregte: Er organisierte die Schließung der Balkanroute.

Ein neues Buch von drei österreichischen Journalisten der Tageszeitung "Die Presse" legt nahe, dass die deutsche Regierung nur öffentlich gegen diese Schließung war, der CDU-Teil aber auf informellem Weg die Maßnahme unterstützte. Kurz' Kontakte zu Ursula von der Leyen und Thomas de Maizière sollen besonders gut sein, und beide hätten demnach ihre wohlwollende Haltung zum Ausdruck gebracht, um der mazedonischen Regierung bei der Grenzschließung den Rücken stärken. "Blödsinn", sagt das Verteidigungsministerium, während das Innenministerium Berichte über bilaterale Ministergespräche nicht kommentieren will, grundsätzlich nicht, ob sie stattgefunden haben oder nicht.

Allerdings hat Kurz Anfang Januar 2016 über die österreichischen Pläne informiert, eine Obergrenze für Flüchtlinge einzuführen und die Balkanroute zu schließen, und zwar Innenminister de Maizière, Unionsfraktionschef Volker Kauder und Kanzleramtsminister Peter Altmaier. Nur glaubte Berlin das zu diesem Zeitpunkt nicht, weil es noch andere Signale aus Wien empfing. Vorbei, vergessen? Keineswegs. Weniger, weil Kurz Kanzler werden kann, sondern weil in Deutschland das Thema Flüchtlingskrise noch lange nicht abgeschlossen ist.

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